Die Frage, ob Kundenkarten den Kunden tatsächlich Vorteile bringen, mag die Geister der Fachwelt scheiden. Die Antwort der Konsumenten fällt hingegen eindeutig aus. Für den Jö-Bonus-Club, das Multipartnerprogramm des Rewe-Konzerns mit aktuell elf Unternehmen, haben sich seit Anfang Mai schon zwei Millionen Menschen angemeldet. Das übertrifft die Ziele, die sich die Macher gesetzt haben, deutlich.

Zwar sagen Kittinger und Rauch nicht, wie hoch die Investition in den Jö-Club ist, doch ist der Aufwand insgesamt sehr groß. Sie sind seit eineinhalb Jahren Geschäftsführer des Unternehmens, das Projekt wurde aber schon früher ins Leben gerufen. Ein Startvorteil war das breite und tiefe Wissen über Kundenkarten, das im Konzern (Billa, Merkur, Bipa) vorhanden ist. Für den Club arbeiten nun 140 Mitarbeiter, davon 80 im Kundenservice.

Wie Einkäufe registriert werden

„Wir kennen den österreichischen Markt sehr gut“, sagt Rauch. „Entscheidend ist nicht, wie viel Geld wir investieren, sondern dass wir die Kunden in den Mittelpunkt stellen.“

Die Geschäftsführer Ulrike Kittinger und Mario Günther Rauch
Die Geschäftsführer Ulrike Kittinger und Mario Günther Rauch © UÖBC

Das ist die zentrale Botschaft aus Sicht des Jö-Clubs, die zur Frage zurückführt, wie Konsumenten nun profitieren. Kittinger beantwortet das mit der „Individualisierung der Kundenansprache“. Man wisse genau, wann, wo und wie eingekauft werde, „dadurch können wir individuell auf Kunden eingehen und ihnen ohne Streuverluste Angebote zukommen lassen“.

Analyse in Gruppen

Um das zu ermöglichen, arbeitet im Hintergrund eine leistungsstarke Plattform, erklärt der für die IT zuständige Rauch (er ist Absolvent der HTL Kaindorf). Wird die Karte an der Kasse gescannt, erfolgt in dem Moment ein Abgleich der Kundennummer, der Einkaufsdaten und des Punkte-Kontostandes in ein hochsicheres Rechenzentrum. „Dort liegen die Daten dann für Analysezwecke vor, wobei wir sie aber nie auf Einzelkundenebene auswerten. Was ein Einzelner einkauft, interessiert uns nicht“, betont Rauch. Stattdessen würden die Auswertungen in Kundengruppen erfolgen.

Die Kunden profitieren durch auf sie zugeschnittene Angebote und außerdem durch Rabatte als Lohn dafür, dass sie ihre Daten hergeben. Ein weiterer Nutzen sei, dass durch Einkaufstrends das Sortiment verbessert werden könne, betonen Kittinger und Rauch. Nicht zuletzt bringe die Jö-Karte eine Vereinfachung.

Wie der Handel davon profitiert

Die Partner des Programms – die Händler – profitieren wiederum, indem sie solcherart die Konsumenten an sich binden. Und, so Rauch: „Der stationäre Handel bündelt so die Kräfte gegen die internationale Online-Konkurrenz.“ Ein Abwehrkampf? Nein, es gehe um die Vernetzung von Offline und eigenen Online-Aktivitäten.

Doch so gerne viele ihre Daten gegen Prozente tauschen, so kritisch bleiben Konsumentenschützer. Die Replik von Kittinger auf die Warnung des VKI („Sie bezahlen mit ihren Daten“) ist, dass die DSGVO, die nun seit einem Jahr in Kraft ist, übererfüllt werde. „Die Daten werden nicht zwischen den Partnern getauscht“, versichert Kittinger, die Bawag wisse also nicht, was jemand bei Bipa gekauft habe. Einen Weiterverkauf der Daten an Dritte schließe man ebenfalls aus. „Im Unternehmen haben nur wenige Mitarbeiter Zugang zu den Daten“, so Rauch.

Spar sagt: zu teuer

Der größte Mitbewerber im Lebensmittelhandel, der Spar-Konzern, verzichtet indes unter Verweis auf hohe Kosten auf ein Bonus-Programm. Als Kundenbindung setzt man auf die 25-Prozent-Pickerl und das Kleben von Rabattmarken, wofür man keine Daten preisgeben muss.

Payback ist seit einem Jahr auf dem österreichischen Markt.
Payback ist seit einem Jahr auf dem österreichischen Markt. © Payback

Mit Payback gibt es für den Jö-Club dennoch eine mächtige Konkurrenz in Sachen Multipartner-Programm – auch wenn Rauch auf Unterschiede pocht: „Wir haben unser Programm auf Österreich zugeschnitten und nicht aus dem Ausland importiert.“ Payback gehört zur American Express Group, kam vor etwas mehr als einem Jahr auf den heimischen Markt und sammelte in der Zeit sehr rasch 2,5 Millionen Kunden und mehr als 100 Partner.

Neue Partner im Herbst

So wird es nicht wenige geben, die beide Systeme nützen. Der Jö-Club definierte als Ziel 3,7 Millionen Mitglieder. „Wir wollen in jedem Haushalt präsent sein“, sagt Rauch. Eine andere Strategie als Payback verfolge man bei der Auswahl der Partnerunternehmen. „Da geht es uns nicht um eine möglichst hohe Zahl, das wäre einfach.“ Entscheidend sei die Attraktivität des Netzwerkes. „Wir wollen alle relevanten Branchen abdecken, die unsere Kunden im Alltag benötigen.“ In den kommenden Jahren werden bis zu sechs weitere Branchen an Bord geholt, im Herbst erfolgt die erste Erweiterung. In intensiven Gesprächen befinde man sich mit dem Mode- und Schuhhandel und mit Baumärkten.