Respekt, kein allzu großes Lob. Auf diese Formel lassen sich namhafte Ökonomen bringen, die Österreichs erfreulichen Budgetabschluss des Vorjahres kommentieren. Finanzminister Hartwig Löger (VP) darf sich auf die Fahnen heften, 2018 nicht nur ein Nulldefizit erreicht zu haben, sondern den ersten Überschuss seit 1974.

Dieser ist mit 0,1 Prozent nach gestern publizierten Zahlen der Statistik Austria knapp ausgefallen, absolut betrachtet erwirtschaftete Österreich 426 Millionen Euro. Das Ergebnis war nicht angesagt, im Voranschlag rechnete der Finanzminister mit einem, wenn auch kleinen, Defizit.

Für den Bund hat das Ergebnis freilich einen Schönheitsfehler. Denn nach den vorläufigen Zahlen im Jänner stand unter dem Strich noch ein Defizit von 0,15 Prozent bzw. 1,1 Milliarden Euro. Dass sich das Ergebnis auf den letzten Metern gedreht hat, ist Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern zu verdanken. Deren Daten liegen jetzt vor – und alle drei Sektoren erzielten teils hohe Überschüsse.

"Schlussstrich unter die Schuldenpolitik"

Dennoch reklamierte Löger bereits im Jänner für sich, einen Schlussstrich unter die „Schuldenpolitik vergangener Jahrzehnte“ gezogen zu haben. Tatsächlich konnte 44 Jahre lang keine Regierung das Defizit abschütteln. 2009 – zum Vergleich – kam Österreich auf 15,3 Milliarden Euro Minus, 2010 auf 13,1 Milliarden, 2017 noch auf 2,8 Milliarden.

Doch was darf die türkis-blaue Regierung als Aktivposten für sich verbuchen? Von der Ausgabendisziplin abgesehen recht wenig. Die Regierung habe eher einen passiven als einen aktiven Anteil, sagt Simon Loretz vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Der Hauptgrund für das laut Konrad Pesendorfer, Generaldirektor der Statistik Austria, „besondere Jahr“ war die gute Konjunktur und die dadurch steigenden Steuereinnahmen.

Abgabenquote auf 42,8 Prozent gestiegen

2018 flossen 187,6 Milliarden Euro in die Staatskasse, um 8,6 Milliarden oder 4,8 Prozent mehr als 2017. Lohnsteuer, Körperschaftssteuer und Mehrwertsteuer waren stark steigende Posten. Für den Überschuss haben also die Steuerzahler gesorgt, nicht eine aktive Wirtschaftspolitik.

„Die Abgabenquote ist entgegen dem Ziel der Koalition auf 42,8 Prozent gestiegen“, fasst Lukas Sustala, Ökonom der Agenda Austria, zusammen. „Das außerordentliche Lohnsteuerwachstum ist nicht zuletzt auf die kalte Progression zurückzuführen.“ Zugutegekommen sind dem Finanzminister auch weiter sinkende Ausgaben für Zinsen. Hingegen vermisst Sustala eine „nennenswerte Sparpolitik“. Für Soziales sei 2018 deutlich mehr ausgegeben worden – der guten Konjunktur zum Trotz. „Auch wenn oft vom Sparen im System die Rede ist, die Zahlen zeigen viel, aber sicher kein Sparen.“

Öffentlicher Schuldenstand rückläufig

Der öffentliche Schuldenstand sank von 289,3 auf 284,8 Milliarden Euro, verantwortlich dafür ist vor allem ein Sondereffekt aus dem Bankenpaket. Die Verbindlichkeiten der Abbaueinheiten verringerten sich um 6,3 Milliarden.

Die Länder (ohne Wien) erzielten mit 619 Millionen Euro ein deutlich höheres Plus als 2017 (231), auch hier gilt, dass Wirtschaft und Steuereinnahmen das Ergebnis beflügelt haben. Zwei Länder – die Steiermark und Vorarlberg – bilanzierten dennoch negativ.

In der Steiermark stieg die Pro-Kopf-Verschuldung um sechs Prozent auf 3923 Euro, in Kärnten sank sie indes um 5,2 Prozent auf 6132 Euro.

Bei aller Expertenkritik zeigte sich Kanzler SebastianKurz naturgemäß „sehr erfreut“ und warf eine „aktive Standortpolitik“ der Regierung in die Waagschale. Minister Löger betont, er wolle ab 2019 einen Überschuss auch im Bund erzielen.