Der Wiener Werbegrafiker Otto Stefferl erschuf 1956 den Postfuchs. Das erste Sujet zeigte einen Postbus und zwei liebliche Füchse, die sich „Gute Nacht“ sagen. 2019 ist diese Welt auf den Kopf gestellt: Der frühere Monopolist steht im Kampf mit Zustelldiensten um jedes Paket – und der Postfuchs, ewig jung, aber reich an Erfahrung, zeigt sich wendig.

Die teilstaatliche Post gibt noch immer den Takt vor. Gerade erst wurde die Öffentlichkeit Zeuge des jüngsten Aktes: In Kalsdorf entsteht bis 2020 das größte Paketverteilzentrum Österreichs. 60 Millionen Euro werden dafür locker gemacht.

500 Millionen bis 2021

50 Millionen fließen indes in das neue Logistikzentrum in Hagenbrunn, Bezirk Korneuburg, das heuer fertig wird. Den Kaufpreis für das Österreich-Geschäft von DHL verrät die Post zwar nicht, doch passt der Coup exakt zur Art und Weise, wie der Postfuchs seit geraumer Zeit auf dem Markt auftritt: als schlauer Jäger, nicht als Gejagter. Bis 2021 investiert die Post in Österreich in Summe eine halbe Milliarde Euro in ihre Infrastruktur.

Kalsdorf, Hagenbrunn und DHL (Übernahme vorbehaltlich der Genehmigung durch die Bundeswettbewerbsbehörde) sind aktuell die Leuchttürme der Post, das ist aber nicht alles. In Salzburg, so Logistikvorstand Peter Umundum, kaufte die Post ein Grundstück für ein weiteres Verteilzentrum an, in Wolfurt (Vorarlberg) falle demnächst die Entscheidung über die Erweiterung des Standortes. Die Kooperation mit der Handelskette Hofer – 2018 wurden in knapp 20 Märkten, drei in Kärnten, zwei in der Steiermark, Poststationen installiert – dürfte wohl vertieft werden.

Post und DHL: Die Pläne im Detail

Vor Kurzem launchte das börsennotierte Unternehmen „Alles Post“: Wer will, kann sich gegen Aufpreis jedes Packerl von der Post bringen lassen, unabhängig davon, welchen Zustelldienst der Versender gewählt hat. 22.000 haben sich vorangemeldet, 5000 bis dato ein Abo abgeschlossen.

Shoppen im Internet schob in den vergangenen Jahren die Paketmengen und die Paketdienste kräftig an. 228 Millionen Pakete wurden 2018 in Österreich befördert, ein Plus von neun Prozent, wobei die Zustellung an Privatkunden um 14,6 Prozent auf 132,7 Millionen Pakete noch stärker stieg. Rechnerisch sind das 15 Pakete je Einwohner. Da das Wachstum anhält, investieren Paketdienstleister in größere Zentren. GLS baut in Kalsdorf gleich neben der Post.

Der Plan der Nummer eins und der Nummer zwei auf dem Paketmarkt lautet, dass die Post Zustellpartner für alle Sendungen wird, die via DHL nach Österreich kommen. „Dafür übernehmen wir das gesamte Personal, in Summe 220 DHL-Mitarbeiter in Österreich“, erklärt Umundum.

Übernommen werden auch Standorte, die in das Post-Konzept passen. Das sind die Verteilzentren bei Graz, Wien, Enns (OÖ) und zehn Auslieferdepots. Werden Standorte von DHL aufgelassen, erhalten die Mitarbeiter ein Jobangebot der Post. Nicht Teil der Übernahme ist das Exportgeschäft von DHL, also Sendungen von Österreich nach Deutschland.

Darauf werden die Prüfer schauen

Die Prüfung durch die Bundeswettbewerbsbehörde wird vor allem die Marktanteile im Blick haben. Jener der Post wird mit 47 Prozent auf dem Paketmarkt beziffert, jener von DHL mit 27 Prozent. Ergibt zusammen 74, wobei bereits ein Anteil von 30 Prozent als marktbeherrschend gilt.

Das Summieren der Anteile lässt die Post nicht gelten: „Das Paketgeschäft ist nicht nur jenes an Privatkunden, sondern auch zwischen Geschäftspartnern. Das verschwimmt, der durchgerechnete Marktanteil ist wesentlich geringer“, sagt Umundum. „Wir übernehmen von DHL die Pakete auf der letzten Meile aus dem Ausland an Privatpersonen. Der relevante ist der europäische Markt.“

Amazons Zustellung wird wachsen

Alle Augen in der Branche blicken außerdem auf Amazon. Der Onlinehändler stellt seit Oktober in Wien selbst zu und wird dies ausbauen. Der Marktanteil wird heuer deutlich über den zwei Prozent von 2018 sein, sind sich Experten einig. Dennoch vermeidet es die Post tunlichst, den US-Riesen als Konkurrenz zu bezeichnen. „Wir spüren, dass Mengen dorthin abwandern“, sagt Umundum, betont jedoch: „Amazon bleibt unser größter Kunde und wir werden versuchen, Amazon mit unserer Leistung auf der letzten Meile zu überzeugen.“

Für Post-Chef Georg Pölzl gilt das Ziel, bis 2023 150 Millionen Pakete zu transportieren. Mit DHL könnte das früher erreicht werden. Bei steigenden Mengen setzt die Post auf Automation bzw. auf den „Rapid Unloader“. Die Maschine entlädt Pakete kräfte- und zeitschonend von Lkw auf die Bänder der Logistikzentren. Die Entwicklung von Parcel Handling Solutions aus Graz ist seit 2018 am Standort Allhaming im Einsatz und wird auch in Kalsdorf und Hagenbrunn mehrfach verbaut werden. Auch eine internationale Vermarktung ist geplant.

Der Postfuchs war übrigens eine der frühen und populärsten Arbeiten des Künstlers Otto Stefferl. Fast 40 Jahre war der Fuchs eine Markenfigur der Post, im Sprachgebrauch lebt sie noch heute weiter. Ihr Schöpfer Stefferl starb Anfang 2018 im 87. Lebensjahr.