Startup300 ist seit einigen Wochen an der Wiener Börse. Seitdem hat der Kurs um mehr als zehn Prozent verloren. Wie geht es Ihnen damit?

Bernhard Lehner: Mir geht es sehr gut. Wir lernen gerade, wie der Kapitalmarkt funktioniert. Wir sehen da eine gewisse Volatilität. Aber das beunruhigt uns nicht, weil wir von Anfang an gesagt haben, das ist ein Marathon und kein Sprint. Ich glaube, ständig auf eine errechnete Marktkapitalisierung zu äugen, tut dem operativen Geschäft nichts Gutes.

Startup300 ist in den neuen direct market plus eingestiegen. Warum haben Sie auf die Änderung im Börsengesetz, auf das neue Segment, gewartet?

Wir hatten immer das Ziel, an die Börse zu gehen. Wir wollen wachsen, uns entwickeln, weitere Unternehmen kaufen. Und dafür ist der Kapitalmarkt ein ganz spannender Platz. Durch den direct market plus wurden die Einstiegshürden gesenkt. Und da haben wir gesagt: Na ja, dann können wir es eigentlich jetzt schon machen.

Ein Unternehmen ist ja ein bisschen wie ein eigenes Kind. Wie fühlt es sich an, wenn man hier Teile an Fremde verkauft?

Die Hälfte der Gesellschaft ist in den Händen der Aufsichtsräte und Vorstände und eines größeren Aktionärs. Aber es wechseln Aktien die Hände und wir wissen nicht, wer die neuen Aktionäre sind. Das ist ein spannendes Gefühl, muss ich ehrlich zugeben, ein Gefühl von Kontrollverlust. Das mag kein Unternehmer so gerne und wir sind ja im Herzen Vollblut-Unternehmer. Daran muss ich mich erst gewöhnen.

Wie der Firmenname schon sagt, investieren Sie in Start-ups. Was macht einen Firmengründer zum Start-up-Gründer?

Da gibt es drei Faktoren. Erstens ein potenziell hoch skalierbares Geschäftsmodell. Zweitens ein innovatives Produkt oder Geschäftsmodell. Und das Unternehmen darf nicht älter als fünf Jahre sein.

Ein großes Problem ist die Finanzierung. Wie kann es gelingen, dass in Österreich mehr Institutionen das Risiko auf sich nehmen, Start-ups zu finanzieren?

Ein großer Schritt wären diverse steuerliche Anreize, wie Absetzbarkeit von Investitionen. Das würde unglaublich viel Geld freimachen. Auf der anderen Seite ist es ein Henne-Ei-Problem. Man braucht da gute Start-ups und gute Initiativen, damit man die Aufmerksamkeit großer Risiko-Kapitalgeber auf Österreich lenkt. Kurzum: Gute Gründer ziehen Kapital an.

Eine Geldquelle für Start-ups sind weiterhin staatliche Förderungen. Warum braucht es die Unterstützung mit Steuergeld?

Ohne staatliche Förderungen würde es in Österreich überhaupt kein Start-up-Ökosystem geben. Vor zehn Jahren hat es in dem Bereich überhaupt kein privates Kapital gegeben. Das war ganz wichtig, um überhaupt in die Gänge zu kommen. Das muss man mal unterstreichen. Aber man könnte beim „Public Money“ viel optimieren und Prozesse vereinfachen.

Auf welche Technologien sollten sich Start-up-Gründer konzentrieren?

Uns interessiert Technologie, die unser Ökosystem stärken kann oder Wachstum fördern kann. Das muss jetzt nicht zwanghaft die große Rahmentechnologie sein. Da gehört sicher auch weiterhin das Thema Blockchain dazu – abseits von Kryptowährungen. In dem Umfeld gibt es Themen, die spannend sein können.

Was müsste passieren, damit Österreich mit Start-up-Metropolen wie Tel Aviv oder Berlin mithalten kann?

Als Startup300 arbeiten wir daran, dass wir in Österreich ein Ökosystem aufbauen. Wir haben sehr gute Start-ups, gute Techniker, wir haben Leute, die gerne Risiko übernehmen. Aber ich verstehe teilweise, warum Gründer weggehen. Zusammen mit allen, die am Markt sind, sollten wir ein Umfeld schaffen, damit gute Unternehmer auch bleiben können.

Wie erleben Sie die Szene in der Steiermark und in Kärnten?

Gerade in Graz ist die Start-up-Szene für österreichische Verhältnisse sehr gut entwickelt. Es gibt super Universitäten, eine vitale Szene. Da kommen immer wieder sehr gute Produkte heraus. Nach Wien ist am meisten in Graz los. Da müssen wir uns in Linz schon anstrengen, um mithalten zu können. Kärnten ist ein bisschen anders. Mir kommt Kärnten sehr fragmentiert vor. Da gibt es sehr viele kleine Initiativen, die für sich bleiben. Ein Teil ist auf Villach fokussiert, ein anderer auf Klagenfurt. Da gibt es zwar Bemühungen, das zusammenzufassen, aber das ist noch nicht wirklich gelungen.