Dass die Verhandlungen über neue Kollektivverträge heuer in vielen Branchen zu gröberen Verwerfungen geführt haben, ist hinlänglich bekannt. Das Ringen um Lohn- bzw. Gehaltserhöhungen sowie rahmenrechtliche Neuerungen verlief zäh und konfliktbeladen wie selten. Ein Aspekt, der noch dazu als einer der wenigen völlig außer Streit stand, ist indes äußerst bemerkenswert: Lehrlinge erhalten mehr Geld.

Und zwar deutlich mehr, wie sich in jenen Branchen zeigt, in denen bereits ein Abschluss erzielt werden konnte. Die Erhöhungen der sogenannten „Lehrlingsentschädigung“ liegen zwischen 6 und 16 Prozent. Der Konsens ist auch darauf zurückzuführen, dass sich in fast allen Wirtschaftssegmenten das Buhlen um die Fachkräfte von morgen verschärft hat.

So steigen die Lehrlingsgehälter

Bei den in dieser Woche zu Ende gegangenen Verhandlungen über einen neuen Handels-KV wurde für die mehr als 15.000 Lehrlinge eine durchschnittliche Erhöhung von acht Prozent paktiert. Die 7500 Lehrlinge in der Metallindustrie bekommen im Schnitt um zehn Prozent mehr. Konkret wird die Lehrlingsentschädigung im ersten Lehrjahr von 619 auf 719 Euro angehoben, im zweiten von 830 auf 920 Euro, im dritten Lehrjahr von 1124 auf 1204 Euro und im vierten Lehrjahr von 1520 auf 1590 Euro.

Im Metallgewerbe liegt die durchschnittliche Erhöhung bei 7,1 Prozent. Für die gut 1000 IT-Lehrlinge wurde eine Erhöhung von 6,82 Prozent ausverhandelt und im neuen Bahn-KV wurde für die 1600 Lehrlinge ein Plus von 6,5 Prozent fixiert.

Von einem „guten Jahr für viele Lehrlinge“ spricht vor diesem Hintergrund auch Susanne Hofer, Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ). Diese Erhöhung sei ein „gutes und wichtiges Signal und zeigt, dass das Engagement und die Leistung der Lehrlinge wertgeschätzt werden“.

Ein anderes Wort für Lehrlingsentschädigung

Der Direktor der steirischen Wirtschaftskammer, Karl-Heinz Dernoscheg, sieht mit den kräftigen Erhöhungen der Lehrlingseinkommen bei den KV-Runden „einen weiteren wichtigen Anreiz und eine Attraktivierung der dualen Ausbildung“ einhergehen. „Das freut uns und das sehen wir auch positiv.“ Was man weniger positiv sieht – und das schon seit Jahren: „Der Begriff Lehrlingsentschädigung ist völlig unpassend, da müssen wir dringend eine Alternative finden“, betont Dernoscheg.

Junggewerkschafterin Hofer verbindet ihren positiven Befund aber auch mit einer Forderung nach einer „Mindestlehrlingsentschädigung“. Aus Sicht der ÖGJ sollte die Lehrlingsentschädigung – quer über alle Branchen – im ersten Lehrjahr bei mindestens 850 Euro liegen.