Vertreter der EU-Institutionen haben sich am Mittwoch über einen besseren Schutz von landwirtschaftlichen Betrieben und Produktionsgenossenschaften gegenüber Handelsketten geeinigt. Die Einigung verkündete die österreichische EU-Ratspräsidentschaft nach Gesprächen mit dem Europaparlament und der EU-Kommission in Brüssel.

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) erklärte auf Twitter: "Das stärkt die bäuerlichen Betriebe gegenüber großen Unternehmen." Zum ersten Mal gebe es damit auf europäischer Ebene ein verbindliches und detailliertes Regelwerk, das unfaire Praktiken eindämmen und kleine Erzeuger schützen soll, so die EU-Ratsvorsitzende. "Die heutige Einigung ist eine deutliche Verbesserung der Stellung kleinerer Produzenten und Lieferanten gegenüber großen Abnehmern", so Köstinger.

Was verboten wird und einzuhalten ist

Verboten werden etwa verspätete Zahlungen für verderbliche Produkte, Stornierungen in letzter Minute, einseitige oder rückwirkende Änderungen der Lieferbedingungen, der Missbrauch vertraulicher Informationen oder Vergeltungsmaßnahmen oder Drohungen gegen Lieferanten. Getroffene Vereinbarungen sollen auch schriftlich bestätigt werden. Die Richtlinie schreibt weiters vor: Keine Zahlungen oder sonstigen geldwerten Leistungen ohne entsprechende Gegenleistung, die Festlegung einer 60-Tage-Zahlungsfrist für nicht verderbliche landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel, eine Mindestfrist von 30 Tagen für die Stornierung von Lieferungen verderblicher Erzeugnisse und die Beteiligung bzw. Kostenübertragung von Werbeausgaben an die Lieferanten.

Größter Knackpunkt in den Verhandlungen war der Geltungsbereich der EU-Richtlinie zur Bekämpfung unfairer Handelspraktiken. Vereinbart wurde nunmehr ein Schwellenwert von Betrieben und Erzeugergemeinschaften bis zu einem jährlichen Umsatz von 350 Millionen Euro, wie der EU-Rat mitteilte. Sie können eine anonyme nationale Beschwerdestelle gegen unfaire Handelspraktiken in Anspruch nehmen. Diese Behörden müssen die EU-Staaten schaffen.

Nach dem Willen der EU-Kommission sollten ursprünglich Genossenschaften und bäuerliche Gemeinschaften mit einem Umsatz von bis zu 250 Millionen Euro künftig die anonyme nationale Beschwerdestelle gegen unfaire Handelspraktiken in Anspruch nehmen können. Das EU-Parlament wollte diese Schwelle auf 1 Milliarde Euro ausweiten.

Die Lieferanten können sich nach Angaben des Umweltministeriums auch in ihrem eigenen Land beschweren. Der Vorschlag der EU-Kommission sah nur eine Beschwerdemöglichkeit im Land des Käufers vor. Alternative Streitbeilegungsmechanismen wurden in die Richtlinie aufgenommen. Die EU-Kommission soll eine öffentliche Website zur Unterstützung von Beschwerdeführern einführen.