Kaum jemand kennt hierzulande den chinesischen Onlineshop Tmall. Dabei warten dort mehr als 550 Millionen potenzielle Käufer und Käuferinnen auf hochwertige europäische Produkte. Ganz anders sieht es bei Handels-Plattformen wie AliExpress (Alibaba) oder Wish aus, die mit ihrem riesigen Sortiment an spottbilligen chinesischen Produkten zurzeit den europäischen Markt überfluten und heimische KEP-Dienstleister an ihre Grenzen treiben. Der "Handelsverband Consumer Check" hat sich den Trend zum grenzüberschreitenden Online-Shopping in Fernost genauer angesehen und die österreichischen KonsumentInnen befragt.

Das Ergebnis: "62 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben bereits zumindest einmal bei chinesischen Online-Händlern eingekauft, bei den unter-39-jährigen sind es sogar über 70 Prozent", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Häufig erfolgt der Kauf über Marktplätze wie Amazon oder Wish.com. Letztere war 2017 die am meisten heruntergeladene Shopping-App in den USA und zählt zu den am schnellsten wachsenden eCommerce-Anbietern weltweit. "Rund ein Viertel der heimischen KonsumentInnen hat auch bereits Erfahrungen mit chinesischen Marktplätzen wie AliExpress gemacht, wo Endkunden weltweit von chinesischen Händlern und Herstellern kaufen können", bestätigt Stephan Mayer-Heinisch, Präsident des Handelsverbandes.

Kärntner und Steirer liegen vorne

Im Bundesländervergleich zeigen insbesondere die Konsumentinnen und Konsumenten in Kärnten (72%), der Steiermark (70%), Salzburg und Vorarlberg (je 69%) eine Vorliebe für chinesische Anbieter, das Schlusslicht bildet Niederösterreich (54%). Vier von zehn Shopper kennen AliExpress, andere chinesische Anbieter wie Gearbest (7,4%), Lightinthebox (6,4%) oder Bang good (5,4%) sind hingegen noch vergleichsweise unbekannt.

7,5 Millionen Pakete nach Österreich

2017 gelangten mehr als 560 Millionen chinesische Pakete im Cross-Border-Handel nach Europa, davon 97 Prozent gänzlich zoll- und mehrwertsteuerfrei, so der Handelsverband. Möglich sei dies zum einen aufgrund von Einfuhrumsatzsteuerbefreiungen (bis 22 Euro Warenwert) und Zollfreigrenzen (bis 150 Euro), zum anderen aufgrund bewusster Falschdeklarationen, wie der Handelsverband erklärt. "Leider ‚vergessen‘ viele chinesische Online-Händler allzu gern, für ihre Pakete bei der Einfuhr in die EU auch Zoll und Einfuhrumsatzsteuer zu zahlen. Die Pakete werden bewusst falsch deklariert, um unter der Freigrenze von 22 Euro zu bleiben. Das Schadensausmaß liegt allein in Österreich bei mindestens 120 Millionen Euro und europaweit bei mehr als sieben Milliarden Euro", sagt Will, der 2018 mit 7,5 Millionen chinesischen Sendungen nach Österreich rechnet.

Viele Fälschungen

Der österreichische Zoll beschlagnahmte im vergangenen Jahr fast 250.000 gefälschte Produkte im Gesamtwert von mehr als 13,7 Millionen Euro.

Der heimische Konsument trägt dabei das volle Risiko, den vorab entrichteten Kaufpreis nicht mehr zurückzuerhalten: Sollte seitens der Zollbehörde eine Produktfälschung vermutet werden, ist der Konsument mehr oder weniger verpflichtet, der Vernichtung der Ware zuzustimmen, da ansonsten ein Gerichtsverfahren droht. Ob in diesem Fall eine Rücküberweisung des bereits bezahlten Kaufpreises durch den Drittstaaten-Onlinehändler erfolgt, sei mehr als fraglich, warnt Will.