Was erfahren Sie über Mitarbeiter, in dem Sie ihnen Sensoren auf ihre Bürosessel installieren?
FRANZ SEMMERNEGG: Eigentlich geht es eher darum, dass Mitarbeiter sich leichter tun, sich am Arbeitsplatz zurechtzufinden. Das Share-Desk-Modell, wo ein Mitarbeiter nicht mehr einen fixen Arbeitsplatz hat, ist im Vormarsch. Wir wissen aus unzähligen Praxisbeispielen, dass es ein großes Frustrationserlebnis ist, wenn jemand, der kurz vor Dienstbeginn kommt, verzweifelt einen Arbeitsplatz für sich sucht.

Im ersten Moment klingt es wie ein modernes Zeiterfassungssystem abgesessener Bürozeit.
Zeiterfassungssysteme gibt es bereits fast überall. Aber hier dienen die Daten auf keinen Fall der Überwachung des Mitarbeiters, sondern dazu, ihm das Büroleben zu erleichtern und angenehmer zu machen.

Was ist daran angenehm?
Der Mitarbeiter kann auf seiner App bereits bevor er das Bürogebäude betritt, schauen wo ein Platz frei ist. Ein Thema sind natürlich Auslastung und Belegungsraten, insbesondere von Besprechungszimmern. Bei PWC in Holland kalkuliert man schon zwei Mitarbeiter für einen Arbeitsplatz. Klar, in der Wirtschaftsprüfung sind viele Mitarbeiter beim Klienten. Und es gibt natürlich auch gesundheitliche Aspekte. Man kann daraus auch sagen, ob der Mitarbeiter richtig oder falsch sitzt. Im Grunde sitzen wahrscheinlich 95 Prozent aller Mitarbeiter in Büros falsch. Das kann man mit Big Data auswerten, aber selbstverständlich alles anonym, das ist ganz wichtig.

Es ist ein Aspekt des Smart Bureau. Wie smart ist denn Ihr Büro?
Da ist viel Technologie drin. Angefangen von Videokonferenz bis dahin, dass man auch bei mir weiß, wann mein Büro besetzt oder frei ist, weil es Gott sei Dank noch groß genug ist, um auch für Besprechungen zu dienen. Die Steuerungen sind bei mir vollelektronisch. Es gibt zum Beispiel eine automatische Beschattung bei Lichteinfall. Das ist State of the art.

Haben Sie noch ein Festnetztelefon im Büro?
Ja. Aus einem einfachen Grund. Es ist manchmal angenehmer, Gespräche auch über das Festnetz zu führen. Und wenn man dann hin und wieder Geschichten liest, wo ausländische Geheimdienste mithören, ist das Festnetz ja auch noch immer ein bischen besser. Ich komme aus einer Firma, deren Wurzeln durchaus in der Telefonie liegen. Damit hat man natürlich eine gewisse emotionale Verbundenheit zum Telefonhörer.

Büroorganisationen nach herkömmlicher Vorstellung lösen sich im Zeitalter der Digitalisierung auf. Können Sie ein Zukunftsbild entwerfen und was sind Services, die Sie beitragen?
Ja, die Veränderung merken wir auch im eigenen Haus. Linienorganisationen treten immer mehr in den Hintergrund und virtuelle, projektbezogene Organisationen in den Vordergrund. Man braucht dadurch auch viel mehr Projekträume, wo sich Leute aus unterschiedlichen Bereichen hinbegeben können. Ich würde es nicht „war rooms“ nennen, aber jedenfalls Orte, wo sich Teams zurückziehen können und wirklich inhaltlich an den Themen arbeiten können. Dort sehen wir schon, dass der Bedarf für einen fixen Arbeitsplatz sinkt, wiewohl wir in der Firma das schon noch leben – ehrlicherweise, weil das oft auch eine gewisse Frage der Zufriedenheit der Mitarbeiter ist.

Ein anderes Thema, das ins Büro massiv hineinwirkt, ist Cybersicherheit. Der Schutz der Daten, des Unternehmens und der Kunden ist ja nicht erst seit der DSGVO ein Riesenthema. Was bieten Sie dafür auf?
Cyber-Defence-Center bedeutet bei uns wirklich, dass Leute, die Sensoren bei Ihnen am Netzwerk, das Ganze laufend auf Anomalien beachten, teilweis computerunterstützt oder mit Künstlicher Intelligenz. Es gibt Programme dahinter, die Anomalitäten erkennen. Aber es ist so, wie ähnlich wie in der Kriminalistik: Das eine ist die Maschinenauswertung, das andere ist die Erfahren. Leute, die viel gesehen haben, erkennen leichter – was machen die Hacker? Sie sind immer einen Schritt voraus. Teile unserer Mannschaft kommt aus Hacker-Olympiaden. Die rekrutieren wir dort und die erkennen sehr wohl Anomalien und können darauf reagieren. Trotzdem sind wir auch so ehrlich, dass wir sagen: Man wird einen Angriff nie hundertprozentig verhindern können. Man kann nur den Schutz möglichst hochziehen, sodass es für den Angreifer sehr schwierig wird, weil er dann meistens sagt: "Ok, da suche ich mir ein einfacheres Opfer."

Die natürliche Schutzhülle des Büros sind die vier Wände. Die sind extrem ungenutzt.
In unserem Cyber-Defence-Center, aber auch im Service-Desk sind die Wände voller Monitore. In Wien bauen wir derzeit viel um auf Glas, das man beschriften kann und von dem man einfach wieder löscht. Das verwenden wir für kreative Zwecke, wo jemand statt auf einem Flipchart schnell auf einer Glaswand herumschmiert. Es entstehen fast Kunstwerke daraus. Oft ist es schade, dass es wieder gelöscht werden muss.

Wie leben Sie Konnektivität?
Wir nutzen Videokonferenz wirklich täglich weltweit. Wir sind als Kapsch ja auf allen Kontinenten tätig.

Wird das Smartphone das ideale smarte Büro der Zukunft?
Es wird sich viel am Smartphone abspielen. Man kann heute businessrelevante Daten von privaten Daten trennen, man muss es nur managen wie am Computer und am Laptop. Das wird oft unterschätzt, dass die Laptops super geschützt sind und die Smartphones nicht, obwohl man mindestens gleich viel Daten drauf hat.

Wie halten Sie es im Unternehmen mit privater und dienstlicher Nutzung von Smartphones?
Wir haben ein Mobile-Device-Management, wo wir sehr wohl unterdrücken können, dass zum Beispiel WhatsApp oder Facebook auf dienstliche Kontakte zurückgreifen kann.

Ihr Lichtmanagement im Büro?
Wir haben schon Aufträge für Smart Lightening, die intelligente Beleuchtung. Im Büro macht es Sinn, wenn das Licht automatisch mit Sensoren ein- und ausgeschalten wird. Sonst ist es halt ein Portier, der nachher durchgeht und alle Lichter ausschaltet.