Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, bekommt zunehmend weibliche Gesellschaft. Das zeigt sich einmal mehr bei der diesjährigen Tagung von IWF und Weltbank auf Bali in Indonesien. Zunehmend halten dort Frauen Reden, analysieren das Wirtschaftssystem, erklären Konfliktlösungen. Die Frauen arbeiten in hohen Positionen bei der Weltbank, beim IWF, bei Zentralbanken und in Finanzministerien.

Lagarde kennt das Gefühl, die "erste Frau" zu sein. Sie war es, als sie im Juni 2007 Frankreichs erste Wirtschafts- und Finanzministerin wurde und sie war es, als sie danach als Chefin das Zepter beim Währungsfonds übernahm. Auf Bali plädiert sie energisch für die Sichtbarkeit von Frauen in der Berufswelt - und bemüht einen Vergleich zum Sport in Japan.

Tennis sei dort lange Zeit uninteressant gewesen - bis die Spielerin Naomi Osaka die US-Tennislegende Serena Williams bei den US Open schlug. Plötzlich sei insbesondere Frauentennis ein "mächtiger Sport geworden", sagt Lagarde bei der Tagung. "Wir müssen Frauen, die gewinnen, ermutigen und feiern."

Chefökonomin für den IWF

Erst kürzlich nominierte der IWF die angesehene Harvard-Professorin und Wirtschaftswissenschaftlerin Gita Gopinath für den Posten des scheidenden Chefökonomen Maurice Obstfeld - erneut die "erste Frau" in diesem Job. Die 46-jährige Mitherausgeberin der angesehenen Fachzeitschrift "American Economic Review" dürfte dabei inhaltlich frischen Wind in den IWF bringen.

Während der Währungsfonds traditionell für flexible Wechselkurse einsteht, um ökonomische Schocks zu vermeiden, stellt Gopinath genau das in Frage. Gopinath habe sich mit ihrer Arbeit über die "Rolle des US-Dollar in internationalen Transaktionen einen sehr soliden Ruf erarbeitet", sagt Lagarde über die "brillante" US-indische Ökonomin. Sie werde zur Weiterentwicklung des IWF beitragen.

Wechsel auch bei Weltbank und OECD

Auch die Weltbank nominierte im April eine Frau für einen Spitzenposten: Die griechischstämmige Yale-Professorin Pinelopi Koujianou Goldberg soll dort Chefökonomin werden. Sie folgt auf den Ökonomen Shanta Devarajan, der übernommen hatte, als der kürzlich mit dem Wirtschaftsnobelpreis geehrte Paul Romer im Jänner das Handtuch warf. Goldberg ist immerhin schon die zweite Frau auf diesem Posten.

Im Juni schließlich wurde die Wirtschaftsexpertin und Ex-Beraterin des französischen Präsidenten Francois Hollande, Laurence Boone, für den Posten der Chefökonomin bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nominiert. Auf Bali sind schließlich auch Finanzministerinnen keine Seltenheit mehr.

"Posten des Finanzministers galt immer als Männerjob"

Zu ihnen gehört die angesehene indonesische Finanzministerin Sri MulyaniIndrawati - der vor allem die Sichtbarkeit weiblicher Vorbilder am Herzen liegt. "Der Posten des Finanzministers galt immer als Männerjob", sagt sie bei einem Runden Tisch zur Stärkung der Frauen in der Wirtschaft am Rande der Tagungen. Es sei eine "enorme Bürde" für Frauen, Stereotype zu durchbrechen und sich dagegen zu wehren, dass Frauen besonders "außergewöhnlich" sein müssten, um diesen Job zu machen.

Die 56-jährige ist schon in ihrer zweiten Amtszeit Finanzministerin. Regelmäßig steht sie in ihrer Heimat vor männlich dominiertem Publikum, wenn sie eine Rede hält. Für mehr Frauen in der Wissenschaft tritt die Vize-Gouverneurin der kanadischen Zentralbank, Carolyn Wilkins, ein. Frauen würden sich mehr für augenscheinlich von Männern besetzte Themen interessieren, wenn andere Frauen das täten, so die Hoffnung.

Es ist vor allem die Hoffnung, dass die Zuschreibung "erste Frau auf diesem Posten" künftig immer öfter zu hören ist - und irgendwann immer seltener.