Die Chefin der Vienna Insurance Group (VIG), Elisabeth Stadler, sieht den Versicherungskonzern angesichts der Halbjahreszahlen gut auf Kurs für die Ziele 2018. So wie es ausschaue, sei die Vienna Insurance auch bezüglich der Prognose 2020 sehr gut auf Zielkurs, sagte Stadler am Dienstag.

Ein großer Meilenstein sei die im Mai erfolgte Verlängerung des Kooperationsvertrages mit der Erste Group bis zum Jahr 2033, so Stadler. Damit könne man für die Zukunft gut planen. Die Vertriebszusammenarbeit mit der Bankengruppe, die in zehn Ländern vertreten ist, funktioniere hervorragend.

Die ursprünglich für das kommende Jahr geplanten Ziele bei den Geschäftszahlen hat sich die VIG nun schon für heuer gesetzt. Für 2020 rechnet die Vienna Insurance mit Prämieneinnahmen von mehr als 10 Milliarden Euro und einem Vorsteuergewinn von 500 bis 520 Millionen Euro. Bei der Combined Ratio - Schäden und Kosten im Verhältnis zu den Prämieneinnahmen - hat man sich 2020 eine Zielgröße von 95 Prozent gesetzt. Im ersten Halbjahr 2018 verbesserte sich diese Schaden/Kostenquote auf 96,3 Prozent, nach 96,9 Prozent im Vorjahreszeitraum.

Tarife in Echtzeit

Im Zuge der weiteren Digitalisierung arbeitet die VIG unter anderem an der Tarifierung in Echtzeit. Ein Versuch läuft in Polen. Gestartet wird dabei mit der Autoversicherung. Wenn sich das positiv entwickle - "wovon ich überzeugt bin" -, werde das Projekt auf andere Sparten ausgeweitet, so Stadler.

Der Vorsteuergewinn der VIG stieg im ersten Halbjahr trotz Abschreibungen in Rumänien um 5,5 Prozent auf 232,7 Millionen Euro, das resultierte vor allem aus Verbesserungen der Combined Ratio und des Finanzergebnisses. Das Finanzergebnis stieg um 4,7 Prozent auf 511,3 Millionen Euro, positiv wirkten sich dabei der Verkauf der Beteiligung an der s Immo sowie höhere realisierte Gewinne aus Investmentfonds in Tschechien, teilte die VIG heute mit.

Bei den rumänischen Tochtergesellschaften wurde eine Firmenwertabschreibung von rund 50 Millionen Euro vorgenommen. Das aktuelle Marktumfeld und die politisch angespannte Lage hätten das Management zu einer Überprüfung der Plandaten für die künftige Entwicklung veranlasst. Die VIG verweist dabei auf ihre "bekannt konservative Bewertungspraxis". Der Vorsteuerverlust betrug im Halbjahr 43 Millionen Euro, nach einem Gewinn von 5,8 Millionen Euro. Ohne diese Abschreibung wäre in Rumänien eine Ergebnissteigerung um 20,7 Prozent verzeichnet worden. Weitere Abschreibungen seien nicht zu erwarten, sagte Stadler. Die VIG sei in dem Land in Summe mit der Geschäftsentwicklung auf einem guten Weg, der Markt sei wichtig, wenngleich das Umfeld nicht einfach sei. Die VIG glaube an die Entwicklung in diesem Land. Die Prämieneinnahmen stiegen in Rumänien im ersten Halbjahr um 5,5 Prozent auf rund 272 Millionen Euro, die Combined Ratio wurde auf 98,6 (99,3) Prozent verbessert. Die VIG hat einen Marktanteil von mehr als 20 Prozent.

Negative Effekte durch türkische Lira

Das Türkei-Geschäft laufe bis jetzt sehr gut, so Stadler. Es gebe aber negative Währungseffekte. Die Prämieneinnahmen seien in den ersten sechs Monaten auf Basis der nationalen Währung um 2 Prozent auf rund 90 Millionen Euro gestiegen, ohne die Lira-Abschwächung hätte es einen Anstieg um ein Viertel gegeben. Man bleibe im Land, beobachte den Markt aber sehr genau.

Gute Wachstumschancen sieht Stadler aktuell vor allem im Baltikum und am Balkan. Viele Länder entwickelten sich positiv. Im ersten Halbjahr wuchsen die Prämieneinnahmen in den baltischen Staaten um 18,8 Prozent auf 193 Millionen Euro. Die gute wirtschaftliche Entwicklung in der Region werde sich fortsetzen. Für den Kauf der Seesam Insurance AS von der finnischen OP Finance Group erwartet Stadler demnächst das Closing.

Für Akquisitionen sei die VIG so gut kapitalisiert, dass man die gewünschten Zukäufe tätigen könne. Für den Kauf der Polen-Tochter der deutschen Gothaer-Versicherung sei mit der Genehmigung im Laufe des Jahres zu rechnen. Die VIG kaufe nicht überteuert und kaufe, "was strategisch zu uns passt". So sei in Bosnien-Herzegowina heuer der Erwerb der Merkur Osiguranje abgeschlossen worden und die VIG damit in dem Land nun auch in der Lebensversicherung tätig.

Mehr Mitarbeiter

Beschäftigt waren in der VIG im ersten Halbjahr 25.248 Mitarbeiter, um 189 mehr als im Gesamtjahr 2017. Der Zuwachs resultiert laut Zwischenbericht im Wesentlichen aus einem Mitarbeiteranstieg im Außendienst in Tschechien.

Insgesamt stiegen die verrechneten Prämien im Konzern um 3,6 Prozent auf 5,15 Milliarden Euro. In Österreich waren die Prämieneinnahmen wegen der weiter restriktiven Zeichnungspolitik bei den Einmalerlägen in der Lebensversicherung stabil mit 2,17 Milliarden Euro (plus 0,1 Prozent). Bereinigt um die Einmalerläge habe es ein Plus von 1,3 Prozent gegeben. Das Ergebnis vor Steuern ging in Österreich um 1,1 Prozent auf 76,7 Millionen Euro zurück.

In Tschechien wuchsen die verrechneten Prämien um 7,2 Prozent auf rund 882 Millionen Euro. Das Vorsteuerergebnis stieg um 10,8 Prozent auf rund 85 Millionen Euro. In Polen wurde ein Prämienplus von 2,3 Prozent auf 455,2 Millionen Euro verzeichnet, der Gewinn vor Steuern ging um 1,7 Prozent auf 21,6 Millionen Euro zurück. In der Slowakei erhöhten sich die Prämieneinnahmen um 0,7 Prozent auf 401,8 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Steuern sank um 22,3 Prozent auf 20,1 Millionen Euro. Der Rückgang sei vorrangig auf die deutlich verschlechterte Combined Ratio (98,6 Prozent, nach 95,2 Prozent) durch die im ersten Quartal 2018 durchgeführte Stärkung der Reserven zurückzuführen, heißt es im Zwischenbericht.

Die Unwetterschäden betrugen im ersten Halbjahr rund 61 Millionen Euro brutto, vorwiegend aus den Gesellschaften in Österreich und Deutschland. Nach Abzug der Rückversicherung blieben davon rund 53 Millionen Euro im Eigenbehalt der Vienna Insurance Group.

Die VIG-Aktie lag zu Mittag in einem stabilen Gesamtmarkt mit 23,80 Euro um 0,83 Prozent unter dem Vortagesschluss.