Der womöglich größte Börsengang aller Zeiten findet offenbar vorerst nicht statt. Saudi-Arabien habe die Emission des staatlichen Ölkonzerns Aramco abgeblasen, sagten vier Brancheninsider der Nachrichtenagentur Reuters. Die Platzierung eines Fünf-Prozent-Anteils an Aramco hätte nach den Vorstellungen von Kronprinz Mohammed bin Salman bis zu 100 Milliarden Dollar (87 Milliarden Euro) einbringen sollen.

Mehrere ausländische Börsen - unter anderem London, New York und Hongkong - hatten um die Rolle als zweiter Börsenplatz neben Riad gebuhlt. Doch unter den potenziellen Anlegern wuchsen Zweifel, ob der Ölriese wirklich zwei Billionen Dollar wert sei. Ein hochrangiger Banker sagte zu Reuters: "Wir haben die Botschaft bekommen, dass der Börsengang auf absehbare Zeit abgesagt ist." Das gelte auch für die Emission in Riad.

Saudi Arabien schweigt noch

Die Investmentbanker und andere Berater, die das Listing vorbereiten sollten, seien von ihren Aufgaben entbunden worden. "Die Entscheidung ist schon vor einiger Zeit gefallen, aber das darf niemand sagen", sagte ein saudi-arabischer Insider. Deshalb bewegten sich die Äußerungen nur langsam in diese Richtung. "Erst Verzögerung, dann Absage." Das Budget, das Aramco für die Vorbereitungen des Börsengangs eingeräumt worden war, sei nicht über Juni hinaus verlängert worden. Federführend organisieren sollten den Börsengang die Investmentbanken JPMorgan und Morgan Stanley aus den USA sowie die britische HSBC.

Saudi Aramco reagierte zunächst nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme. Der Königliche Hof wollte sich nicht zu den Informationen äußern.

Geld für den Umbau der Wirtschaft

Kronprinz Mohammed hatte die Börsenpläne 2016 vorgestellt. Er wollte mit dem Mega-Erlös den angestrebten Umbau der saudi-arabischen Wirtschaft finanzieren und damit die Abhängigkeit des Landes vom Öl reduzieren.

Nun greift offenbar der Plan B: Aramco soll dem Staatsfonds PIF (Public Investment Fund) stattdessen ein großes Anteilspaket am Petrochemie-Konzern Saudi Basic Industries Corp (Sabic) abkaufen und dem Staat damit Geld in die Kasse spülen. Reuters hatte im Juli erfahren, dass Saudi-Arabien den Börsengang von Aramco mit diesem Schachzug auf das Jahr 2020 verschieben könne. Eigentlich sollte er noch in diesem Jahr über die Bühne gehen, doch unter anderem der Streit über den zweiten Börsenplatz und die Bewertung verzögerte das Vorhaben.