Im globalen Zollstreit hat US-Finanzminister Steve Mnuchin der Europäischen Union Gespräche über die künftigen Handelsbeziehungen angeboten. "Wir würden ein Handelsabkommen akzeptieren, frei, ohne Zölle", sagte er am Wochenende beim Treffen der G-20-Finanzminister und Notenbankchefs in Buenos Aires. "Unser Ziel ist ein freier, offener und ausgeglichener Handel."

Zuletzt hatte US-Präsident Donald Trump noch mit höheren Zöllen auf Autos aus Europa gedroht. Das könnte auch die deutsche Automobilindustrie empfindlich treffen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker reist in der kommenden Woche zu Gesprächen nach Washington. "Wir freuen uns auf ein Angebot", sagte Mnuchin.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will eine Eskalationsspirale mit immer weiteren Zöllen verhindern und setzt im Handelskonflikt zwischen der EU und den USA auf eine Lösung am Verhandlungstisch. Gegenmaßnahmen der EU gegen neue Strafzölle der USA seien die "mit Abstand schlechtere Lösung", sagte sie zuletzt.

Auch der deutsche Finanzminister Olaf Scholz warb beim Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in der argentinischen Hauptstadt für einen freien und fairen Welthandel. "Die Wohlstandsgewinne sind für alle größer, wenn wir kooperieren", sagte er.

Das Treffen in Buenos Aires am Wochenende brachte keine echte Annäherung. Dem Angebot von Mnuchin hielt Frankreich entgegen: Bevor sich die EU zu Handelsgesprächen bereit erkläre, müsste Trump die Zölle auf Stahl und Aluminium sowie seine Drohung mit Zöllen auf Autos zurückziehen. "Wir weigern uns, mit einer Pistole auf der Brust zu verhandeln", sagte Finanzminister Bruno Le Maire.

USA die größten Verlierer?

Tatsächlich zeigt eine Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF), dass ausgerechnet die US-Wirtschaft wegen drohender Strafzölle in zahlreichen Ländern der größte Verlierer im Handelsstreit sein könnte. Letztendlich würde aber die ganze Welt unter einem Zoll-Wettrüsten leiden. Im schlechtesten Fall könnte die weltweite Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 um 0,5 Prozent oder 430 Milliarden US-Dollar (368,47 Mrd. Euro) niedriger liegen als bisher erwartet, schätzt der IWF.

Die argentinische G-20-Präsidentschaft hatte eigentlich die Zukunft der Arbeit und die Verbesserung der Infrastruktur für das Wochenende auf die Agenda gesetzt. Angesichts des Zollstreits zwischen den USA, China und der Europäischen Union drehte sich aber wieder alles um den globalen Handel. "Handelskonflikte sind ein großes Thema", sagte Scholz.

Trump wirft den Europäern vor, den Euro künstlich niedrig zu halten. Dadurch werde der Dollar teurer und die Wettbewerbsfähigkeit der Vereinigten Staaten beeinträchtigt. Scholz wies die Anschuldigung zurück: "Die EU betreibt eine sehr rationale Politik. Wir versuchen nicht, über Währungsparitäten wirtschaftliche Vorteile zu erzielen."

Ohne Aufhebung der US-Einfuhrzölle auf Aluminium und Stahl kann es nach den Worten des französischen Finanzministers Bruno Le Maire keine Verhandlungen mit der EU über ein Handelsabkommen geben. Darin seien sich Frankreich und Deutschland einig, sagte Le Maire am Samstag am Rande des G-20-Finanzministertreffens.

Erst, wenn die Regierung in Washington diesen ersten Schritt auf die Europäer zugegangen sei, könne die EU einen formalen Vorschlag für Handelsgespräche machen. "Wir warten darauf, dass die USA die notwendigen Schritte unternimmt, um aus dem Handelskrieg herauszukommen." Die USA müssten wieder zur Vernunft kommen und die weltweit anerkannten Regeln sowie ihre Verbündeten respektieren.

Erneuerung der WTO

Die EU sei bereit, an einer völligen Erneuerung der Welthandelsorganisation (WTO) mitzuarbeiten. Die Verhängung von Zöllen sei aber nicht der richtige Weg, um die strittigen WTO-Probleme zu lösen, sagte Le Maire. Sollten die USA neue Zölle gegen Importe aus der EU verhängen, bleibe keine andere Wahl als erneute Vergeltungsmaßnahmen.

Hunderte Menschen protestierten unterdessen in der argentinischen Hauptstadt gegen das G-20-Treffen und den Währungsfonds. Der IWF hatte dem südamerikanischen Land zuletzt Finanzhilfen in einer Höhe von bis zu 50 Milliarden US-Dollar zugesagt. Im Gegenzug verpflichtete sich die Regierung, das Budgetdefizit zu senken und die Inflation zu bremsen.

In Argentinien gibt es große Vorbehalte gegen den IWF-Kredit, da der Währungsfonds vor allem mit den harten Sparmaßnahmen und sozialen Verwerfungen in den 2000er-Jahren in Verbindung gebracht wird. "Das Abkommen mit dem IWF bedeutet, dass wir der Diktatur des Marktes ausgeliefert werden", sagte Adolfo Aguirre von der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes (ATE).

Bei dem G-20-Treffen wollten die Finanzminister zudem über die Regulierung von Kryptowährungen beraten. Solche digitalen Währungen wie etwa der Bitcoin könnten für Geldwäsche oder Terrorismus-Finanzierung missbraucht werden, hieß es zuletzt in einer Analyse des IWF. "Ich bin optimistisch, dass wir dabei Fortschritte erzielen", sagte Scholz.

Die G-20 erwirtschaften 85 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung, repräsentieren zwei Drittel der Weltbevölkerung und wickeln 75 Prozent des globalen Handels ab.