Betriebsversammlungen, Streikbeschlüsse, österreichweite Abstimmung der KV-Verhandler, am Schluss der Generalstreik: Diesen Weg zeichnet die Kärntner Gewerkschaftsspitze um ÖGB-Präsident Hermann Lipitsch und Landessekretär Georg Steiner für die kommenden Monate vor. Österreich stehe also "ein heißer Herbst" bevor, so Steiner. Es geht natürlich um die Flexibilisierung der Arbeitszeit und deren strikte Ablehnung aus Sicht der Arbeitnehmervertreter.

Aus guten Gründen, wie Lipitsch meint. Auch wenn derzeit Unternehmer von „Ausnahmen“ sprechen, sollten künftig mehr Arbeitnehmer als bisher bis zu 12 Stunden pro Tag arbeiten müssen. Lipitsch erwartet Folgen für jeden einzelnen Arbeitnehmer: „Die Gefahr des Dominoeffekts besteht“, glaubt Lipitsch, „Sobald ein Betrieb mit 12-Stunden-Tagen beginnt, müssen alle anderen in der Branche nachziehen.“  

Folgen für Familien

Das habe weitreichende Folgen für viele Bereiche des Lebens: Kinderbetreuungseinrichtungen müssten wohl landesweit bis zu 14 Stunden öffnen (rechnet man die Wegzeiten der Arbeitnehmer dazu), das betreffe vor allem die 12.600 Alleinerzieher/innen in Kärnten, die keine Alternativen hätten. Derzeit hätten außerhalb Klagenfurts und Villachs gerade einmal sieben Kinderbetreuungseinrichtungen in Kärnten länger als bis 17 Uhr geöffnet, so Lipitsch.

"Pendler und Vereine in Gefahr"

Pendler würden gezwungen sein, vom öffentlichen Verkehr auf private Automobile umzusteigen, um frühmorgens und/oder spätnachts nach Hause zu kommen. Auch das Vereinsleben und vor allem Freiwillige Feuerwehren sieht Lipitsch in Gefahr: „Wenn man nicht weiß, ob an am Abend zuhause ist, wird das das Vereinswesen massiv beeinträchtigen.“

Rückfall in alte Zeiten?

Überhaupt fürchtet die Gewerkschaft einen Rückfall in einer Zeit vor 200 Jahren, „als Mitarbeiter, die nicht mehr gebraucht wurden, fallen gelassen wurden.“ Diese seien nun gezwungen, zu gehorchen, glaubt der ÖGB-Chef, der auch weitere „Anschläge“ auf die Arbeitnehmer befürchtet: „Die EU sieht vier Wochen Jahresurlaub als Standard vor – das könnte unter der Überschrift ,Verhinderung des Golden Plating‘ von EU-Regeln auch bei uns drohen.“

Gesetz im Bundesrat

Am Donnerstag wird das letzte Woche vom Nationalrat beschlossene Arbeitszeitgesetz auch vom Bundesrat mehrheitlich abgesegnet. Der ÖGB will bis dahin bundesweit das Abstimmungsverhalten der Bundesräte aufzeigen und auch Stellungnahmen der Landeshauptleute einholen – gerade unter dem Blickwinkel, dass Pendlern, Familien und Vereinen massive Einschnitte drohten.

Widerstand

Der Widerstand gegen das Gesetz, das man erst seit Donnerstag genau kenne, werde daher weitergehen, sagt die Kärntner Gewerkschaftsspitze. Über den Sommer würden weitere Betriebsversammlungen abgehalten, da, so Lipitsch, vielen Arbeitnehmern nicht klar sei, was hier auf sie zukomme. Anfang September werden sich dann österreichweit mehrere Tausend Verhandler von Kollektivverträgen über alle Berufsgruppen und die rund 750 Kollektivverträge hinweg in Wien auf das neue Arbeitszeitgesetz „strategisch abstimmen“, so Lipitsch. „Das ist eine Premiere.“ Man wird besprechen, wie man sich verhalten solle.

Um den „Generalangriff auf die Arbeitnehmer“ und „massiven Anschlag“ zu verhindern, sei es notwendig, „gemeinsam zu marschieren.“ Der Generalstreik sei der "höchste Punkt der Auseinandersetzung, wir haben keine Angst davor", sagt Lipitsch. „Dazu braucht es Streikbeschlüsse in den Fachgewerkschaften“ – die werde man im September einholen. „Der Gesetzbeschluss war nicht das Ende der Proteste, sondern der Beginn.“

FPÖ bietet Paroli

FPÖ-Obmann Gernot Darmann bezeichnet die Gewerkschaftskritik als "rote Lügenpropaganda". Er betonte, dass der 8-Stunden-Tag bleibe und es keinen verpflichtenden 12-Stunden-Tag, sondern die Garantie zur Freiwilligkeit gebe.