Der Boom hält an. Und wie. Im Vorjahr wurden österreichweit laut „Branchenradar“ 209 Millionen Pakete befördert – ein Zuwachs von gut 15 Prozent im Vergleich zu 2016. Der Online-Handel befeuert auch die Paketzustellungen.

In diesem Wachstumsmarkt ragt ein Segment noch einmal ganz besonders hervor: Die Retouren-Pakete, die insbesondere bei der Bestellung von Bekleidung und Schuhen anfallen. „Sie sind nicht nur das mit Abstand größte Marktsegment im Distanzhandel, sondern auch das am robustesten wachsende“, so die Studienautoren von Branchenradar. Ein Umstand, der die Händler vor gewaltige Herausforderungen stellt.

Die häufigsten Gründe für Rücksendungen

Laut einer repräsentativen Umfrage des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens haben 85 Prozent der Österreicher schon von ihrem gesetzlichen Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht. Das sieht vor, dass Kunden ohne Angaben von Gründen innerhalb der 14-tägigen Rücktrittsfrist vom Kaufvertrag zurücktreten können. Im Durchschnitt wird knapp ein Fünftel der bestellten Ware zurückgesendet.

Der häufigste Grund für eine Rücksendung: Der Artikel beziehungsweise das Produkt passt nicht; für mehr als drei Viertel der Befragten ist das das Motiv. Jeder Fünfte gibt übrigens an, grundsätzlich mehrere Varianten (etwa verschiedene Größen, Farben) eines Artikels zu bestellen, zu Hause zu probieren und den Rest wieder zurückzuschicken – ein Worst-Case-Szenario für die Händler, die (meist) die Kosten für die Retoursendungen tragen.

Wie das „Im-Kreis-Schicken“ verringert werden soll

Um dieses „Im-Kreis-Schicken“ zu verringern, setzen sie daher auf verstärktes Beratungsservice für die Kunden. Beim Grazer Outdoormode-Spezialisten Northland beispielsweise über eine Live-Chat-Möglichkeit. Bestellt ein Kunde ein Modell im Onlineshop in mehreren Größen, meldet sich ein Northland-Mitarbeiter und fragt, ob er mit vertiefender Aufklärung über Maße und Größen helfen kann. So konnte die Rücklaufrate um acht Prozent gedrückt werden, ist Northland-Chef Arno Pichler zufrieden – und hofft, dass das auch bei einer größeren Sortimentsauswahl so bleibt. Denn mit Anfang März hat Northland seinen Onlineshop massiv ausgebaut. 85 Prozent der Kollektion sind jetzt auch via www.northland-pro.com bestellbar. „Wir hatten schon Anfragen aus New York“, erzählt Pichler. Geliefert wird aus dem eigenen Zentrallager. Sollte die Ware trotz Beratung nicht passen, kann sie auch in jeder Filiale umgetauscht werden. Um die Retourenmenge niederzuhalten beziehungsweise zu senken, setzt der Handel neben Beratung auch auf möglichst detaillierte Produktinformationen, entsprechend umfangreiche Bebilderung bis hin zu virtuellen Umkleidekabinen.

Alle vier Sekunden wird ein Artikel verkauft

Beim steirischen Onlinehandel-Spezialisten Niceshops, der aus seinem mit über 950.000 Artikeln gefüllten Lager in Feldbach pro Tag mehr als 5100 Pakete weltweit verschickt, setzt man auf diese intensive Aufklärungsstrategie. „Fragen, die sich der Kunde vor dem Kauf stellen könnte, werden auf den Produktseiten vorab beantwortet“, erklärt Niceshops-Chef Roland Fink. Der Erfolg: Bei 80.000 Bestellungen pro Monat (alle vier Sekunden wird ein Artikel verkauft), liegt die Rücklaufquote bei nur 2,5 Prozent. Was davon wiederverkaufbar ist, wird nach penibler Kontrolle auch wieder an den Start der Versandkette gestellt. Diese Arbeit wird manuell, aber auch von Robotern verrichtet. So entwickeln Intralogistik-Profis wie Knapp oder SSI Schäfer Hightech-Systeme, die auch bei dieser Wiederaufbereitung einen hohen Automatisierungsgrad erreichen.