Nach ein paar noblen Villen kehrt auf dem Weg nach Palo Alto wieder Schlichtheit ein. Nur noch simple, unscheinbare Holzhäuser säumen die University Avenue. Drinnen in den Büros wird der Kaffee im Tetra Pak serviert, abwaschbare Wände ersetzen das Flipchart. Bezeichnend das mit roter Farbe auf die Wand gekritzelte Passwort für das WLAN: „Think big 100“

Michael Meirer, gebürtiger Osttiroler und seit 30 Jahren in den USA, empfängt in Jeans und T-Shirt. Normalerweise erscheint er im Hoodie, im Kapuzenpullover. Krawatten oder Sakkos sind im Silicon Valley so fehl am Platz wie Turnschuhe am Opernball. Als einst enger Mitarbeiter von Oracle-Gründer Larry Ellison hat er finanziell ausgesorgt. Meirer ist derzeit der Guru junger deutscher Start-ups, die für drei Monate nach Kalifornien gehen, um ihre Produkte auf den Markt zu bringen. Darunter etwa eine Firma, die ein T-Shirt mit eingebautem EKG-Sensor für Sportler entwickelt hat, aber nicht so recht weiß, ob man sich an Konzerne wie Adidas oder Nike wenden oder es lieber allein versuchen soll – oder ob man es lieber gleich lassen soll.

„Vorher ein paar Flops“

„Man darf keine Angst vor dem Scheitern und der Blamage haben“, bringt Meirer den Geist des Silicon Valley auf den Punkt. „Das ist für Europäer ein kulturelles Hemmnis.“ Wer hier reüssiert hat, hat zuvor meist ein paar Flops hingelegt. Und sich dann wieder aufgerichtet, um zielstrebig und mit naiv anmutendem Optimismus das nächste Projekt anzugehen.

Dieser Teil der USA ist mehr denn je das Epizentrum unseres modernen digitalen Zeitalters. 90 Prozent der digitalen Weltkonzerne wurden im Silicon Valley oder in San Francisco erfunden oder entwickelt: Apple, Ebay, Whatsapp, Youtube, Twitter, Instagram und Tausende andere Namen.

So atemberaubend die Schnelllebigkeit und die Unbekümmertheit der kalifornischen Kreativwirtschaft auch ist – der Besuch in der Weltzentrale von Facebook in Menlo Park fällt beklemmend aus. 4500 Personen arbeiten auf dem streng abgeschirmten Areal, in dem eine artifizielle Unbeschwertheit wie in Disneyland inszeniert wird. Überall stehen Fahrräder im Facebook-Blau herum, Autos sind vom Gelände verbannt. Jeden Freitag spricht Übervater Zuckerberg, von allen nur Marc genannt, zu den Mitarbeitern, ein paar Fragen sind erlaubt. Das Durchschnittsalter: 28 Jahre.

„Fürchten ist falscher Weg“

Nicht nur Facebook, auch der Google-Zentrale in Mountain View stattete Außenminister Sebastian Kurz in Begleitung von 30 österreichischen Start-ups einen Besuch ab. Die Bilanz fällt gemischt aus. „Europa muss im digitalen Bereich aus der Abhängigkeit wegkommen“, merkt Kurz kritisch an und fügt in Anspielung auf Google hinzu: „Die weltweite Dominanz eines Konzerns ist langfristig nichts, was uns positiv weiterbringt.“ Statt die Fremdherrschaft zu beklagen, will Kurz andere Weg gehen. „Sich einfach zu fürchten, ist der falsche Weg. Wir müssen anpacken und selbst was auf die Beine stellen.“ Bei Facebook waren die Gespräche vielversprechend. So wie bei Kinderpornografie werden Islamisten, die auf der Plattform zu Terrorakten aufrufen, künftig österreichischen Behörden gemeldet, entsprechende Postings werden gelöscht. Haariger war der Termin bei Google: Man verspricht zwar Schutz vor staatlicher Überwachung, will aber selbst nicht preisgeben, was mit den gesammelten Informationen der User geschieht.

Auf dem Programm stehen heute Termine bei der NASA und dem Elektroautohersteller Tesla. Im Autobereich setzen die Amerikaner den Europäern ebenso zu. Auf den Straßen von Mountain View kurvt bereits das selbstfahrende Google-Auto herum.