In seinem aktuellen Bericht setzt sich der Rechnungshof (RH) in einer 320-seitigen Analyse mit der Vertstaatlichung der Hypo Alpe Adria (HBInt) im Jahr 2009 auseinander. Dabei üben die Prüfer teils heftige Kritik, insbesondere an taktischen Unzulänglichkeiten seitens der Republik Österreich. Zu einem ähnlichen Befund gelangte bereits der Bericht der Griss-Kommission.

Wie schon der Griss-Bericht sieht auch der Rechnungshof eine Art Multiorganversagen rund um die Hypo-Notverstaatlichung Ende 2009. Die finalen Verhandlungen über die Zukunft der Hypo fanden demnach unter Zeitdruck statt. Die BayernLB verschärfte durch die Kündigung von Liquiditätslinien die Situation, die abwartende Haltung von Bundesstellen erhöhte den Zeitdruck, so der RH.

Das Finanzministerium und die Finanzprokuratur holten erst Anfang Dezember Infos über die Hypo von der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Oesterreichischen Nationalbank OeNB ein. Zuvor hatten von der FMA gesetzte Maßnahmen bei der Hypo dort aber keine zeitnahe Reaktion hervorgerufen. Die OeNB hatte etwa 2007 Mängel im Kreditbereich festgestellt, insgesamt aber "widersprüchliche Wertungen bei der Plausibilisierung der von der HBInt übermittelten wirtschaftlichen Daten vorgenommen", schreibt der Rechnungshof in einem heute Donnerstag veröffentlichten Prüfbericht. Die FMA wiederum habe weder Geschäfte der Hypo begrenzt noch höhere Mindesteigenmittelerfordernisse vorgeschrieben.

Kärnter Haftungen sorgen für Systemrelevanz

Der Rechnungshof kritisiert, dass die Vertreter der Republik Österreich bereits frühzeitig — Ende August 2009 mit dem Bekenntnis zur nachhaltigen Sicherung des Fortbestandes der Bank — gegenüber der BayernLB einen Ausschluss des Insolvenzszenarios der HBInt signalisierten. Das Finanzministerium behielt diese Verhandlungslinie im November und Dezember 2009 bei. "Damit schränkten die Vertreter der Republik Österreich den Spielraum bei den Verhandlungen massiv ein und eröffneten der BayernLB die Möglichkeit, das Szenario einer Insolvenz gegen die Republik Österreich einzusetzen", kritisiert der Rechnungshof.

Die Haftungen des Landes Kärnten trugen laut Rechnungshof "maßgeblich zur Erlangung einer systemrelevanten Stellung der Bank für den österreichischen Finanzmarkt bei". Dem Kreditinstitut eröffnete sich durch die Landeshaftungen eine Wachstumsmöglichkeit, die aus eigener Refinanzierungstätigkeit nicht bestanden hätte.

Günstige Verhandlungsposition

Der Rechnungshof schließt nicht aus, dass die von der BayernLB in den Raum gestellte Möglichkeit einer Insolvenz ein verhandlungstaktisches Manöver zur Gewinnung einer günstigen Verhandlungsposition darstellte. Der RH hob jedoch hervor, dass er keinen Hinweis darauf habe, dass die Republik Österreich über die der diesbezüglichen Beurteilung der BayernLB zugrunde liegenden Informationen vor und im Rahmen der Verhandlungen zur Verstaatlichung verfügte.

Der RH räumt jedoch ein, "dass es für die Republik Österreich, die die Verantwortung für die Stabilität des Finanzsystems laut den Schlussfolgerungen des Vorsitzes zu der Tagung des Europäischen Rates vom 15. und 16. Oktober 2008 zu tragen hatte, eine große Herausforderung darstellte, insbesonders unter Zeitdruck ein gutes Verhandlungsergebnis gegenüber einem Verhandlungspartner zu erzielen, der eben diese Verantwortung für verhandlungstaktische Verhaltensweisen nutzen konnte". Allerdings verweist der RH auch "auf die Erfahrungen des Finanzministeriums bei der Verstaatlichung der Kommunalkredit Austria AG im Jahr 2008, aus welchen entsprechende Schlussfolgerungen für das Verhalten und die Strategie in nachfolgenden Situationen ableitbar waren".

Wie teuer wäre eine Insolvenz gewesen?

Spannend sind auch die Erkenntnise des Rechnungshofs hinsichtlich der Frage, wie teuer damals eine Insolvenz gekommen wäre. Dazu gibt es nämlich lediglich eine Aufstellung der Nationalbank. Diese enthielt "hinsichtlich der möglichen Kosten im Insolvenzfall der HBInt Werte, die keine allfälligen Quoten eines Insolvenzverfahrens berücksichtigten und somit ein Verlustszenario im Insolvenzfall von 100 Prozent darstellte", so der RH. "Ob die Darstellung zur Zeit der Verhandlungen bereits vorhanden war, konnte vom RH nicht nachvollzogen werden. "Laut Auskunft der OeNB und der Finanzprokuratur waren die Inhalte und Zahlen der Aufstellung den Verhandlern der Republik bekannt."

Aufstellung der Nationalbank
Aufstellung der Nationalbank © kk

Seitens der Finanzprokuratur lagen am 11. Dezember 2009 vier Szenarien intern vor, deren Verwendung außerhalb der Finanzprokuratur nicht nachvollziehbar war. Eine gesamthafte Szenarioanalyse als Entscheidungsgrundlage für die Möglichkeiten einer Rekapitalisierung der HBInt konnte nicht vorgelegt werden, so die Prüfer des Rechnungshofs.