In die Causa um die angeschlagene Kärntner Beteiligungsgesellschaft AvW kommt wieder Bewegung. Laut einem nicht rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Klagenfurt hat die AvW-Hausbank Raiffeisen-Bezirksbank (RBB) Klagenfurt, die gleichzeitig als Depotbank für etwa 10.000 AvW-Genussscheininhaber fungierte, gegenüber einem Anleger ihre Aufklärungspflichten verletzt, berichtet das "WirtschaftsBlatt" am Montag. Die RBB will in Berufung gehen, es gilt die Unschuldsvermutung.
Anlegeranwalt Erich Holzinger bezeichnete den RBB-Entscheid heute, Montag, gegenüber der APA als "richtungsweisendes Urteil", das auf alle rund 12.000 Genussscheininhaber umgelegt werden könnte. Die Aufklärungspflichten ergäben sich nämlich daraus, dass die Bank in einem "eminenten Naheverhältnis" zur AvW stehe, so der Rechtsvertreter.
Nach Ansicht von Richter Helfried Kandutsch hätte die RBB Klagenfurt die Anleger über ihre enge Verflechtung mit der AvW Gruppe AG und der AvW Invest AG und über den daraus entstehenden Interessenskonflikt aufklären müssen, schreibt die Zeitung.
Das Gericht bezieht sich unter anderem auf die sogenannten Abwicklungsrichtlinien für die Kundendepots. "Kurioserweise", so Holzinger, sei der Depotvertrag nicht zwischen Investor und Bank, sondern zwischen Bank und AvW geschlossen worden. Der Anleger sei darüber nicht informiert gewesen.
Der Kläger bekam vom Gericht 139.000 Euro gegen Übergabe seiner 52 AvW-Genussscheine zugesprochen. RBB-Anwalt Wilfried Aichinger kündigte gegenüber der Zeitung an, Rechtsmittel einlegen zu wollen. "Die RBB habe die Konto- und Depotführung als solche fehlerlos besorgt", so der Advokat.
AvW hätte Bankkonzession gebraucht
Der Klagenfurter Richter Helfried Kandutsch geht außerdem davon aus, "dass die AvW Gruppe Bankgeschäfte nach dem Bankwesengesetz (BWG) betreibt, jedoch nicht über die notwendige Bankkonzession verfügt", so das "WirtschaftsBlatt" weiter. Auch darüber hätte das Geldhaus den Anleger informieren müssen.
Mit der Frage Banklizenz hat sich schon die Finanzmarktaufsicht (FMA) befasst. Am 20. November 2008 hat die Behörde gegen die Vorstände der AvW Gruppe sowie der AvW Invest ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachts der Erbringung unerlaubter Bankgeschäfte eingeleitet, wie aus einem der APA vorliegenden Schreiben der FMA an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 3. Februar 2009 hervorgeht.
Die Aufsicht wirft der AvW Gruppe vor, zwischen 2. Jänner 2007 und 10. Oktober 2008 "gewerblich ohne erforderliche Konzession" mit Wertpapieren bzw. zwischen 8. Jänner und 10. Oktober 2008 mit Optionen "auf eigene Rechnung" gehandelt zu haben. Auch die AvW Invest soll vom 2. Jänner 2007 und 14. Oktober 2008 "Handel mit Wertpapieren auf eigene Rechnung betrieben" haben. Schon Jahre zuvor gab es gegen die AvW ein Verfahren wegen Verdachts unerlaubter Bankgeschäfte, das bis zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) ging.
Auch ein Anwaltsgutachten im Auftrag des "Verein fairer Kapitalmarkt" vom November 2008 kam zum Schluss, dass die AvW eine Bankkonzession gebraucht hätte. Die Kanzlei Brand Lang Wiederkehr ist der Meinung, "dass sowohl der Tatbestand des Eigenhandels (...) als auch der Tatbestand des Beteiligungsfondsgesetzes (...) erfüllt ist. Für beides hätte die AvW eine Banklizenz gebraucht, die sie allerdings "mit der vorhandenen Kapitalausstattung niemals" erhalten hätten, schreiben die Juristen in dem Papier, das der APA vorliegt. Für das Bankgeschäft Eigenhandel wären demnach Eigenmittel in der Höhe von 5 Mio. Euro erforderlich, nach Informationen der Anwälte verfügte die AvW Gruppe damals aber nur über 70.000 Euro Eigenkapital, heißt es.
Dass die RBB den Anleger darauf hinweisen hätte müssen, dass die AvW Gruppe keine Bankkonzession hatte, ist für den Bank-Anwalt Wilfried Aichinger eine "völlig unzutreffende Ansicht des Gerichts", wie er dem "WirtschaftsBlatt" mitteilte. Nach Ansicht der RBB sei eine solche auch gar nicht erforderlich gewesen. Zudem ist laut Bank "der freie Handel der AvW-Genussscheine nach wie vor unverändert möglich und aufrecht". Es stelle sich daher die Frage, "ob überhaupt ein Schaden eingetreten ist".
Die AvW Gruppe hat die Rücknahme der Papiere im Herbst 2008 aufgrund interner Turbulenzen eingestellt. Betroffen sind etwa 12.000 Anleger. Ein kleiner Teil der Papiere wird an der Frankfurter Börse gehandelt. Vor den "Malversationen" bei dem Kärntner Unternehmen, die der AvW Invest schließlich die Wertpapierkonzession kosteten, war ein Schein in Frankfurt noch 3.275 Euro (1. Oktober) wert, danach ist der Kurs eingebrochen bzw. kam lange Zeit gar nicht zustande. Zuletzt wurde das Papier am Freitag um 179 Euro gehandelt. Der Umsatz war mit sechs Stück verhalten.
Die Klagenfurter Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen AvW-Chef Wolfgang Auer-Welsbach wegen Betrugs- und Untreueverdachts. Dieser hatte die Vorwürfe stets bestritten, es gilt die Unschuldsvermutung. Darüber hinaus ist das Kärntner Unternehmen mit zahlreichen Anlegerklagen konfrontiert.
In einem dieser Verfahren wurde nun Auer-Welsbach wegen Beleidigung angezeigt, weil er zu einem Anleger vor Gericht sagte: "Er möge sich nicht noch dümmer stellen als ein Normalbürger." Damit reagierte der AvW-Chef auf die Aussage eines Anlegers, der in einem Zivilverfahren vor wenigen Wochen meinte, Auer-Welsbach hätte ihn nicht ausreichend über die Genussscheinbedingungen und diverse Risiken aufgeklärt. Das geht aus der der APA vorliegenden Strafanzeige hervor, die Anwalt Andreas Pascher für seinen Klienten am 15. Februar bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eingebracht hat. Dem Vernehmen nach ist das nicht die erste Anzeige gegen Auer-Welsbach, die sich um Beleidigung bzw. üble Nachrede dreht.