Bei den Wohnkosten könnte es zu drastischen Verteuerungen kommen, befürchten Wohnbauexperten. Die Zahl der jährlichen Fertigstellungen sei zwar vorerst noch mit etwas über 40.000 Einheiten stabil, doch die Baubewilligungen sind seit 2008 massiv eingebrochen - vor allem bei den Eigenheimen. "In drei bis fünf Jahren - so lange rechnen wir von der Bewilligung bis zur Fertigstellung - droht ein regelrechter Preisschub", sagte der Aufsichtsratschef der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft Österreichs, Klaus Lugger, am Mittwoch bei der Präsentation des Branchenüberblicks "Wohnhandbuch 2010".
Angebot und Nachfrage klaffen dann zu weit auseinander. Die Zahl der Baubewilligungen sei zu Beginn der Immobilienkrise von zuvor (2001 bis 2008) durchschnittlich 42.400 Einheiten jährlich auf rund 28.000 gesunken - bei einem gleichzeitig erhöhten Bedarf von rund 56.000 Einheiten jährlich. "Das ist eine gefährliche Entwicklung." Es werde zu einem neuen "Anschwellen der Wohnungspreise" kommen.
Mieterhöhungen
Zuletzt zogen die Preise für Mieten und Eigentumswohnungen Ende der 90er Jahre um 10 bis 25 Prozent dramatisch an, nachdem die Republik die Wohnbaudarlehen um 10 Prozent gekürzt hatte. Die Entwicklung wurde damals mit Budgetmitteln abgefedert. "Wenn die Baubewilligungen 2009 ein zweites Mal so niedrig ausfallen, kommt es unweigerlich auch zu sehr starken Mieterhöhungen", so Lugger. Die genauen Zahlen liegen erst in ein paar Monaten vor.
Ansonsten habe Österreich der Immobilienkrise weitgehend getrotzt. Während beispielsweise in Spanien zuletzt um 60 Prozent weniger Wohnungen fertiggestellt wurden und in Irland sogar noch weniger, liege Österreich im europäischen Feld "sehr gut". "Nur die Schweiz und Österreich haben die Wohnungsfertigstellungszahlen 2009 gehalten", betonte Lugger. Außerdem geben die Österreicher stabil 21 Prozent ihres Einkommens für Wohnen aus. Der durchschnittliche Wohnungsaufwand betrug 2008 5,32 Euro netto je Quadratmeter. "Der Wohnungsaufwand ist in den Börsen der Kunden kein Preistreiber mehr", so der Experte. Beim Decken des Bedarfs sei "sensationell aufgeholt" worden.
Angst vor Verschuldung
56 Prozent der Österreicher wohnen im eigenen Bestand, die Zahl der Eigenheime geht aber kontinuierlich zurück. "Das Phänomen Mietkauf hat den Eigentumswohnungsbau nahezu ruiniert", so Lugger. Seit 1980 fällt der Eigentumsbau kontinuierlich, gleichzeitig steigt der Mietkauf. Derzeit herrsche in erster Linie Nachfrage nach "günstigen Mietwohnungen". "Der Mittelstand ist offenbar in einer sehr prekären Situation und hat zu wenig Bargeld", meinte der Wohnbauexperte.
Seit ein paar Jahren hätten die Österreicher verstärkt Sorge, sich zu verschulden. "Im Bausparbereich haben wir deutlich weniger Nachfrage bei den Finanzierungsanfragen gespürt - da merkt man schon einen dämpfenden Effekt", sagte der Generaldirektor der s Bausparkasse, Josef Schmidinger. Die niedrigen Zinsen seien bei den Leuten noch nicht angekommen. "Es überwiegt noch die Angst vor dem Jobverlust", so Schmidinger.