Es gibt Forschungsbereiche, deren Nützlichkeit für die Menschheit durchaus zweifelhaft ist. Wissenschafter der Universität Massachusetts etwa beschäftigten sich monatelang ernsthaft mit dem Problem, warum sich nasse Duschvorhänge tendenziell um den Körper des Duschenden wickeln.
Generation Touchscreen
Am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut ging man – zumindest auf den ersten Blick – noch einen Schritt weiter und stürzte sich auf die Frage, wie sich wohl ein unsichtbares Telefon bedienen ließe. Die Antwort überraschte sogar die Forscher: problemlos. Bei rund 80 Prozent aller Versuche gelang es den getesteten iPhone-Benutzern ihre Programme mit einem gedachten Touchscreen auf ihrer Handfläche "blind" aufzurufen. Die Lösung hinter dem Mysterium: Die immer wieder unbewusst trainierten Bewegungsabläufe der Touchscreen-Benutzer hatten die Interaktion mit dem Telefon schlichtweg automatisiert und sich ins "Gedächtnis" der beteiligten Muskeln eingebrannt – willkommen in der Generation Touchscreen. Deren Dynamik nimmt rapide zu: Bereits 2015 wird die Hälfte aller Unter-15-Jährigen Technologie Nutzer ein Gerät mit Touchscreen besitzen, glaubt das USamerikanische Forschungsinstitut Gartner.
Verlorene Wahrnehmung
"Für diese nächste Generation von Kindern und Jugendlichen sind ihre Finger das, was für uns Computer-Maus und Tastatur waren – ein völlig natürliches Eingabeinstrument", heißt es in der Expertise der Analysten. Hochkomplexe Elektronik wird einfach bedienbar, die Barriere zwischen Mensch und Technik immer niedriger. Ein Testat, das die Industrie jubeln lässt. Apple und seine Konkurrenten werfen immer neue Berühr-mich-Geräte auf den Markt. Noch ist die Euphorie ungebremst, doch bereits jetzt fürchten Experten, dass mit dem Einzug der Touchscreens in den Alltag auch die Fähigkeit ihrer Benutzer zur haptischen Wahrnehmung abnimmt. Kurz: Der Tastsinn könnte durch das Finger-Trommelfeuer schleichend verloren gehen. Auch hier wollen die Hersteller gegensteuern, die berührungsempfindlichen Displays der Zukunft sollen auch fühlbare Rückmeldung auf Eingaben ermöglichen. Der kanadische Hersteller "Research in Motion" hat das etwa bei seinem Blackberry Storm bereits versucht.
Pädagogische Bedenken
Zu den motorischen Bedenken kommen pädagogische: Wann soll ein Kind den Umgang mit Technik erlernen? Die durch den Touchscreen aufgehobene Zugangsschwelle ermöglicht bereits Kleinkindern den Gebrauch von iPhone und iPad. Die Hersteller von Spielen wie "Baby Piano", das bunt-lärmende Klavierprogramm für das iPad wurde inzwischen über 500.000 Mal verkauft, argumentieren mit den praktisch unerschöpflichen Kreativpotenzial der neuen Geräte. Statt einer Vielzahl teurer wie unsinniger Spielzeuge vereine das iPad Spiel- und Lerninstrument in einem Gerät. Der Software-Nachschub für Tablet- Computer gilt bereits jetzt schon als günstig und vor allem nicht enden wollend.
Besorgte Eltern
Die Kritiker berührt das indessen wenig: "Mein Kind kann mit fünf Jahren auf dem iPhone selbst ein Video schneiden, aber wird es irgendwann noch wissen, wie man auf einen Baum klettert?", kommentierte eine Mutter unter einem entsprechenden Artikel des Online-Portals "Huffington Post". Geschrieben war der Kommentar freilich – erraten – auf einem iPad.