Die Vergabe der Baulose für den Grazer "Südgürtel" war aus Sicht des Unternehmers Franz Saringer ein typischer Fall: Im Vorfeld hatte man Gespräche über eine rein steirische Lösung geführt. Saringers Firma Sako-Stahl - eine renommierte Eisenbiegerei aus Deutsch-Goritz - und die Grazer Marienhütte hatten sich sogar schon auf eine Zusammenarbeit geeinigt. Aber dann war plötzlich alles anders: Eine Firma aus Wien bekam als angeblicher Billigstbieter den Zuschlag. Allerdings arbeitet diese Firma laut Saringer nicht mit eigenem Fachpersonal, sondern beauftragt ausländische Subunternehmer. Das ist ein bekanntes Muster: In vielen Fällen wird auf diese Art eine schwer überprüfbare Kette von "Subbeauftragungen" in Gang gesetzt, und im schlechtesten Fall arbeiten am Ende ungelernte Schwarzarbeiter auf Kosten heimischer Steuerzahler öffentliche Bauaufträge ab.
Im Einzelfall ist das freilich schwer nachzuweisen. Saringers Ärger war diesfalls besonders groß, weil er angeblich mündliche Zusagen in der Tasche hatte und es im Vergabeverfahren bereits einen Vergabevorschlag zugunsten der Sako-Stahl gegeben haben soll. Erst auf Betreiben der Wiener Zentrale der Porr Bau, die gemeinsam mit Teerag-Asdag und Granit die Arge Südgürtel bildet, sei der Sinneswandel erfolgt. Gerade die Porr sei schon öfter mit aggressiver Preispolitik aufgefallen und gelte in Sachen Lohndumping als problematischer Partner: "Über uns Kleine wird dort drübergefahren", so Saringer.
Bei der Porr weist man diese Vorwürfe freilich zurück: Saringers Kritik sei "auf Enttäuschung zurückzuführen", sagt Jürgen Leitner aus dem Porr-Vorstandsbüro. Beim Südgürtel habe es drei Verhandlungsrunden gegeben, die Vergabe sei "fair, transparent und offen" erfolgt. Bei keiner der teilnehmenden Firmen habe die Porr einen "Ausschließungsgrund aus dem Vergabeverfahren" gesehen, es handle sich um bewährte heimische Betriebe.
Tatsache bleibt trotzdem, dass die gesamte Baubranche derzeit stark unter dem fragwürdigen Abfluss von Aufträgen leidet. Die Preisspirale dreht sich rasch nach unten, Verstöße gegen Mindestlohn- und Meldebestimmungen spielen dabei nach einhelliger Schilderung vieler Beteiligter eine bedeutsame Rolle. Die Sozialpartner haben deshalb erst kürzlich einen gemeinsamen Vorstoß für Fairness am Bau gestartet. Erklärtes Ziel ist der gesetzlich zu verankernde Übergang vom Billigst- zum Bestbieterprinzip. Wie berichtet, soll am 4. Juli bei einem Vergabegipfel erarbeitet werden, wie öffentliche Ausschreibungen so gestaltet werden können, dass Lohn- und Sozialdumping ausgeschlossen werden. Insbesondere Subvergaben sollen massiv eingeschränkt werden.
Saringer, der auch Präsident eines kleinen Branchenverbandes im Bereich der Biege- und Verlegetechnik ist, fordert auch "Druckmittel" zur Durchsetzung der Mindeststandards und legt gleich einen "wasserdichten" Vorschlag vor: Schon bei der Anbotslegung müssten alle Subunternehmer namentlich genannt werden, diese dürften später nicht gewechselt werden. Auch die Grundlagen der Preiskalkulation (samt Stundenlöhnen) seien offenzulegen.
Die mehrfache Weitervergabe von Aufträgen soll überhaupt verboten werden, dazu sollen Konzernmanager der Generalunternehmer für Mängel selbst haften. "Denn auf der Baustelle unterschreibt jeder alles, aber das ist oft das Papier nicht wert", sagt der Unternehmer. Besonders brisant: Die Aufträge müssten nach diesem Vorstoß zumindest mit einem 70-prozentigen Anteil an Eigenpersonal durchgeführt werden. Und eine Referenzliste soll beweisen, dass die Firma die Arbeit wirklich durchführen kann.
Ob diese Ideen viel Widerhall finden, bleibt abzuwarten. Schon durch die Lockerung der Gewerbeordnung im Jahr 2002 ist es nach Meinung vieler Branchenkenner zu Abstrichen bei Sicherheit und Qualität am Bau gekommen. Dass durch die momentane Lage volkswirtschaftliche Schäden entstehen, liegt auf der Hand.
Dazu muss man gar nicht wissen, dass die Sako-Stahl nun eine geplante Betriebserweiterung abgeblasen hat, nachdem ihr der Südgürtel-Auftrag entgangen ist.