"Mein neuer Film wird hier gezeigt und der erste lief auch hier, meine Bilder sind hier zu sehen - ich denkte, ich sollte nach Graz ziehen", scherzte eine überglückliche Shirin Neshat beim Publikumsgespräch im Grazer Schubertkino. Bei der Diagonale wurde der zweite Film der persischen Künstlerin gezeigt - "Looking for Oum Kulthum", ein Film, der sich um die legendäre ägyptische Künstlerin dreht, ist eine Koproduktion von Deutschland, Österreich, Italien und Marokko, die Innenszenen wurden etwa in Wien gedreht und für die Bildgestaltung war Martin Gschlacht (wie auch bei Neshats Debüt, "Women without men") zuständig.

Beteiligt sind übrigens weder der Iran (Neshat darf in ihr Heimatland nicht mehr einreisen) noch Ägypten, wo man den künstlerisch-distanzierten Zugang Neshats - die gar nicht arabisch spricht - zur absoluten Nationalheldin des Landes sehr kritisch beäugt. "Ich werde den Film aber bei einem Festival in Ägypten zeigen", erzählte Neshat im anschließenden Publikumsgespräch bei der Diagonale: "Und ich glaube, sie werden dort mit Tomaten und Eiern bewaffnet sitzen."

"Looking for Oum Kulthum" - der Film

Ihre Verehrung in Ägypten würde in Europa vielleicht einer Maria Callas oder den Beatles entsprechen, aber das ist noch viel zu wenig: Die Sängerin Oum Kulthum (1904-1975) ist eine Nationalheilige, bei ihrer Beerdigung säumten Millionen Menschen die Straßen. Die bildende Künstlerin Shirin Neshat nähert sich dieser Ikone der arabischen Welt natürlich nicht mit einem einfachen Biopic, sondern auf mehreren Ebenen - vor allem aber auf einer sehr persönlichen: Neshats Alter-Ego Mitra (gespielt von Neda Rahmanian) ist eine iranische Regisseurin im Exil, die einen Film über die Sängerin dreht und für ihren Erfolg und ihre künstlerische Vision ihren Sohn im Iran zurückgelassen hat. Ihre Protagonistin, genauso von Zerrissenheit und Zweifeln geplagt wie sie selbst, trifft am Schluss eine mutige und folgenschwere Entscheidung: Sie zeigt die gottgleiche Oum Kulthum als zutiefst menschliche Person. Faszinierend, rätselhaft und bildgewaltig.

Seine Weltpremiere feierte der Film bei den 74. Filmfestspielen von Venedig, in Österreich soll der Film am 15. Juni 2018 in den Kinos starten.

Shirin Neshat, "Rapture", 1999, Video still - zu sehen in der Ausstellung "Frauen in Gesellschaft", Neue Galerie Graz
Shirin Neshat, "Rapture", 1999, Video still - zu sehen in der Ausstellung "Frauen in Gesellschaft", Neue Galerie Graz © Shirin Neshat, Courtesy Gladstone Gallery, New York und Brüssel

Als Gast bei der eigenen Personale

Vor der Filmpremiere stattete Neshat auch ihrer Personale in der Neuen Galerie Graz einen Besuch ab. Die große Übersichtsausstellung "Shirin Neshat. Frauen" in Gesellschaft zog bereits in den ersten zwei Monaten fast 6.000 Interessierte an und ist noch bis zum 22. April zu sehen. Bei ihrem gemeinsamen Besuch mit Joanneums-Direktor Wolfgang Muchitsch, Peter Peer, Leiter der Neuen Galerie Graz, Co-Kurator Günther Holler-Schuster und Peter Schernhuber, Intendant der Diagonale, zeigte sich die Künstlerin sehr erfreut über die gelungene Präsentation der Werke. Sie war sichtlich begeistert von der Präsentation und meinte: „Meine Retrospektive hier ist wirklich herausragend und ambitioniert. Es ist so, als würde sich mein ganzen Leben hier widerspiegeln."

Ebenso freute sich Holler-Schuster über ihre Begeisterung beim Rundgang: „Während der Konzeption der Ausstellung stand ich in regelmäßigem E-Mail-Kontakt mit Shirin Neshat. Umso mehr freut es mich, ihr nun das Ergebnis persönlich zeigen zu können – und vor allem, dass ihr die Personale so gut gefällt.“