Wie entscheidet man sich, Berg- und Wanderführer zu werden?

Herbert RAFFALT: Ich bin ín einer fünfköpfigen Familie aufgewachsen. Als Entlastung für meine Mutter habe ich die Sommer auf der Alm verbracht. Ich war ein Hirterbua in den Sölktälern und dementsprechend natürlich in der Berg- und Felsenlandschaft der Region unterwegs.

Hat Sie das geprägt?

Das hat mich auf jeden Fall geprägt und sicher auch Grund-Geschicklichkeit gebracht. Ich habe dann mit 13 zu klettern begonnen und bin unter die Fittiche eines Bergführers genommen worden. Der Rest ist dann Geschichte. Ich habe zwar einen Lehrberuf abgeschlossen, aber gleich einmal gemerkt, dass ich auf die Berge will. Man muss sagen, dass ein Freund von mir und ich damals sehr risikoreich unterwegs waren (lacht). Infolgedessen habe ich mich nach dem billigsten Flug nach Amerika umgeschaut und bin letztlich im Yosemite-Nationalpark gelandet und habe die Wandercommunity kennengelernt, die mich in meinen Plänen natürlich bestärkt haben. Die amerikanischen Bergsteiger, das waren damals die Helden für mich.

Sie haben die in der Jugend angeeignete Geschicklichkeit angesprochen. Kann sich das später auch noch entwickeln?

Natürlich kann sich das später auch entwickeln, aber ich denke, in Sachen Sicherheit ist das nicht so garantiert. Was dafür sicher nicht stimmt, ist, dass man unbedingt in den Bergen groß geworden sein muss, um ein guter Bergsteiger zu sein. Das ist ein Blödsinn.

Wie viele Tage in der Woche sind sie am Berg unterwegs?

Ich würde sagen vier von sieben Tagen.

Wie lässt sich der Job mit der Familie vereinbaren?

Das klappt wunderbar, weil ich meine Familie eigentlich überallhin mitnehmen kann, wenn es die Zeit erlaubt.

Wandern und Berggehen scheinen wieder im Trend zu sein. Nehmen Sie das auch wahr?

Ja, definitiv – dafür haben vor allem die Sportausrüster und die Werbung gesorgt. Man ist das altbackene Image losgeworden, zum Glück.
Gibt es einen Lieblingsberg im Bezirk Liezen oder in der Steiermark?
Also da muss ich ganz klar den Grimming nehmen, weil er in seiner Erscheinung ein tolles Erlebnis ist. Besonders schön ist auch das Gesäuse mit der Wildheit und natürlich der Hochschwab in seiner Weitläufigkeit.

Sie sind auch für ihre Fotos bekannt. Gehört Fotografieren zum Wandern dazu?

Ich bin ein leidenschaftlicher Augenmensch. Ich muss alles sehen. Mein Ziel ist es, Fotos von der Natur so zu machen, dass keine weiteren Erklärungen notwendig sind.

Gelingt das?

Ich sage einmal so: Es ist nicht immer ganz einfach.

Man hört von einem neuem Bildband zum Nationalpark Hohe Tauern. Wie weit sind Sie?

Ich kann sagen, dass der Bildband 2020 erscheinen wird. Das passt zum 40-jährigen Jubiläum des Parks.

Gibt es Berge oder Wanderungen, die Sie unbedingt noch machen wollen?

Ganz ehrlich, die heimischen Berge sind unvergleichlich, obwohl ich schon in Amerika, im Himalaya-Gebirge und in vielen Gegenden der Welt unterwegs war und viel gesehen habe. Und ich mag auch nicht mehr so gerne in ein Flugzeug steigen. Aber es gibt noch etwas, was ich gerne machen würde, und zwar Patagonien mit dem Fitz Roy. Das ist auch fotografisch sehr interessant.

Welche Momente am Berg werden Sie ewig in Erinnerung behalten? Positiv wie negativ?

Da ich ein sehr vorsichtiger Bergführer bin, passieren negative Sachen nur selten. Ich kann mich aber noch an eine Situation am Großglockner erinnern, wo ein unglaubliches Gewitter aufgezogen ist, von zwei Seiten. Ich war da mit einer Gruppe unterwegs und die Schwierigkeit ist dann gewesen, die Partie gleichzeitig beschleunigt ins Tal zu bringen und aber trotzdem keine Panik aufkommen zu lassen. Es ist aber alles gut gegangen und die Leute sind wieder mit mir auf den Berg gegangen. Positive Momente gibt es zu viele. Einmal, das war am Dachstein, hatte eine Fotogruppe schon hängende Köpfe, weil das Wetter einfach nicht mitgespielt hat. Und dann auf einmal gehe ich raus und die Wolken reißen auf und haben die Berge darunter beleuchtet. Das war biblisch.

Nachdem es ein Sommergespräch ist: Wann wird Ihnen zu heiß? Was ärgert Sie?

Mich ärgert oder ich finde es etwas schade, dass bekannte Platzerln so überlaufen sind, während Punkte, die zum Beispiel 100 Meter vom eigenen Wohnort entfernt sind, nicht besucht werden. Alle laufen zum Großglockner und zum Dachstein, dabei gibt es daneben ebenbürtige Berge. Auch wenn man damit natürlich nicht so gut protzen kann.

Gibt es einen Ausgleich zum Berggehen?

Mountainbiken. Es muss etwas mit Bergen sein! (lacht)