Heute vor 80 Jahren hätte in Altaussee ein großes Fest stattfinden sollen: Zum Geburstag Adolf Hitlers, dem 20. April 1938, durften alle Gemeinden, deren Bewohner einstimmig mit Ja für den Anschluss Österreichs an NS-Deutschland votiert hatten, eine so genannte „Führereiche“ pflanzen. Eine junge Frau hat dies damals vereitelt: Maria Haim, vulgo Kössler, war damals erst 21 Jahre alt. Sie stimmte als einzige Person in Altaussee gegen den Anschluss. Ein Umstand, der ihr nicht nur Schmach und Schande, sondern bis zu ihrem Tod im Jahr 1986, auch den wenig schmeichelhaften Namen „die Neinstimme“ einbrachte (wir berichteten). Auf dem Friedhof in Altaussee gibt es bis heute nicht einmal eine namentliche Erwähnung, geschweige denn einen Hinweis, dass „sie dem Ort die Ehre gerettet hat“, wie es Wolfgang Martin Roth ausdrückt. Der Autor hat ein Buch mit dem gleichnamigen Titel über „Die Neinstimme“ von Altaussee verfasst. Erst vor wenigen Wochen erschien die Zweitauflage und seither kommt in der Causa auch Bewegung in den Ort.
Der Pfarrgemeinderat hat sich des Themas angenommen. „Ich habe vorgeschlagen, dass wir ihr ein Denkmal setzen sollten. Das ist auf Zustimmung gestoßen“, erklärt Anton Auerböck, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates. Im Gespräch ist eine Gedenktafel im Bereich der Friedhofsmauer – auch ein verstorbener KZ-Häftling soll dort Erwähnung finden.

Apropos Friedhof: Der Pfarrgemeinderat plant überhaupt eine Art „Friedhofsführer“, in dem einzelne Gräber genauer beschrieben werden sollen. Immerhin sind dort – wie es der Realität in den Kriegstagen und auch danach entsprach – NS-Größen und Verfolgte mehr oder weniger nebeneinander begraben. Der jüdische Schriftsteller Jakob Wassermann liegt dort ebenso wie „Führerdichter“ Bruno Brehm. „Wir stehen allerdings noch ganz am Anfang dieses Projektes“, erklärt Auerböck.

Das Buch „Neinstimme“ von Roth ist im Verlag Sonderzahl erschienen. Er arbeitet darin den frommen, katholischen Hintergrund Haims auf, der sie - trotzdem Österreichs Bischöfe die Gläubigen ermahnten, mit Ja zu stimmen - zu ihrem Nein veranlasst hatte. Die ISBN lautet: 978 3 85449 469 0.

So sahen die Stimmzettel bei der Volksabstimmung 1938 aus: Der Kreis mit dem Nein war wesentlich kleiner. 99,75 Prozent aller Österreicher stimmten mit Ja - Maria Haim gehörte mit ihren jungen 21 Jahren zu den ganz wenigen, mutigen Neinstimmen im Land
So sahen die Stimmzettel bei der Volksabstimmung 1938 aus: Der Kreis mit dem Nein war wesentlich kleiner. 99,75 Prozent aller Österreicher stimmten mit Ja - Maria Haim gehörte mit ihren jungen 21 Jahren zu den ganz wenigen, mutigen Neinstimmen im Land © ORF