Proben von 29 Gewässern in EU-Regionen mit intensiver Tierhaltung ergaben in 70 Prozent der Fälle den Nachweis von Antibiotika und bei allen jenen von Pestiziden. Das ist das Ergebnis eines am Donnerstag veröffentlichten Greenpeace-Tests in insgesamt zehn Staaten der EU, darunter auch österreichische Flüsse in der Steiermark und in Oberösterreich.

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"Industrielle Tierhaltung ist eine Gefahr für unsere Umwelt und unsere Gesundheit", resümierte Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace Österreich. Durch Intensiv-oder Massentierhaltung würden Tierarzneimittel, Pestizide, Metalle und Nährstoffe im Überfluss in die Flüsse geschwemmt. Einmal in die Umwelt gelangt, bilden sich so regelrechte "Cocktails" an Substanzen, die empfindliche Ökosysteme schädigen können, hieß es im dazugehörigen Report "Dirty Waters". Auch für Menschen sei das mittelfristig ein gesundheitliches Risiko, wenngleich keine unmittelbare Gefahr bestehe, erläuterte Theissing-Matei. Die gefundenen Substanzen tauchten in den Proben nur in geringen Dosen auf. "Antibiotika, die aus der Massentierhaltung in die Umwelt gelangen, erhöhen allerdings grundsätzlich die Gefahr von Resistenzen", so der Greenpeace-Experte. 

Super-Keime als Gefahr

In Österreich wurden Proben aus dem Schwarzaubach und der Stiefing - beide in der Steiermark - sowie aus dem Sipbach in Oberösterreich genommen, laut der NGO Gegenden mit einer besonders hohen Dichte an Schweineställen. Pro Probe wurden bis zu fünf Tierarzneimittel, darunter mehrere Antibiotika, und bis zu 38 verschiedene Pestizide festgestellt. Dies ist der dritthöchste Pestizidwert, der in Europa gefunden wurde. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) dürfen die Risiken der Massentierhaltung für Umwelt und Gesundheit nicht weiter ignorieren, fordert die Umweltschutzorganisation.

Knapp drei Viertel aller Antibiotika in der Tierhaltung gingen in Österreich an Schweine. Der hohe Einsatz führe dazu, dass sich Resistenzen gegenüber wichtigen Medikamenten entwickeln. Diese Super-Keime können auch uns Menschen gefährlich werden, warnte Greenpeace. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Antibiotika-Resistenzen als eine der drei dringendsten Probleme für die öffentliche Gesundheit ein.

"Resistenzentwicklungen haben gravierende Folgen für die medizinische Behandlung von Patientinnen und Patienten. Häufig sind Infektionen mit resistenten Bakterien schwer therapierbar, in bestimmten Fällen sind sie sogar unheilbar. Daher ist der Umgang mit diesen lebensnotwendigen Medikamenten selbstverständlich auch in der Tierhaltung streng zu reglementieren", warnte Hans-Peter Hutter, Sprecher der ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt.

Stiefing besonders verschmutzt

Zur Belastung der untersuchten Gewässer durch Antibiotika kam die Verschmutzung mit einer Vielzahl verschiedener Pestizide hinzu, hieß es weiter: 27 im Schwarzaubach, 38 in der Stiefing und 20 im Sipbach. Der Pestizidwert der Stiefing war der dritthöchste, der in Europa gefunden wurde. "Die Landwirtschaft in den beprobten Regionen ist vor allem dem intensiven Anbau von Futtermitteln wie etwa Mais gewidmet, um die zehntausenden Schweine vor Ort zu versorgen. Wir können daher davon ausgehen, dass ein wesentlicher Anteil der Pestizide aus dem Anbau von Futtermitteln stammt", erklärte Theissing-Matei.

Laut der NGO brauche es ein ambitioniertes Antibiotika-Reduktionsprogramm, bessere Haltungsbedingungen und niedrigere Besatzdichten. Außerdem seien Änderungen bei den europäischen Agrarförderungen erforderlich.

Ministerium beruhigt

Laut Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sei man sich "des Problems bewusst", ortet in der Darstellungsweise von Greenpeace aber eine "Skandalisierung". Im Gegensatz zur Umweltorganisation führe man ständig repräsentative Messungen durch. Die Rückstände von Antibiotika bewegen sich demnach im Bereich von Nanogramm - also Milliardstel Gramm. "Zum größten Teil stammen sich nicht aus der Landwirtschaft, sondern vom Menschen", heißt es aus dem Ministerium.

So sieht das auch Werner Brugner, Kammeramtsdirektor bei der steirischen Landwirtschaftskammer. "Wir nehmen die Problemlage ernst, aber man kann die Rückstände nicht einfach der Landwirtschaft in die Schuhe schieben." Zudem dürfe man nicht vergessen, dass mit dem Fortschreiten der Technik die Analysemethoden immer genauer würden. "Es lässt sich heute bei einer Wasserprobe immer etwas messen. Die entscheidende Frage ist aber, ob die Konzentration tatsächlich gefährlich ist. Und das ist hier wohl nicht der Fall." Dennoch verschließe man sich nicht, Antibiotika und Pestizide in der Landwirtschaft weiter zu reduzieren, sagt Brugner.