Ihr Vorname passte den Betrügern ins Konzept, klang er doch ganz nach "älterer Dame". Auch die Handynummer der 81-jährigen Grazerin fanden sie im elektronischen Telefonbuch. Nur eines war die Seniorin nicht: leichtes Opfer für jene Täter, die sich am Telefon als Polizisten ausgeben. Statt den Gaunern ihr ganzes Erspartes anzuvertrauen, drehte sie den Spieß um und lockte die Betrüger in die Falle.

Als am Abend des 21. November das Handy der Grazerin klingelte, sich ein angeblicher Polizist meldete und von einer Einbruchsserie in ihrer Wohngegend warnte, läuteten bei der 81-Jährigen die Alarmglocken. Aus Zeitungsberichten wusste sie, mit welchen Tricks die "falschen Polizisten" operieren. Sie legte aber nicht sofort auf, sondern spielte mit. Zum Schein ging sie auf das Angebot ein, Geld und Wertgegenstände einem Boten zur "sicheren Aufbewahrung" zu übergeben, weil ja auch den Banken nicht mehr zu trauen sei.

Polizei am zweiten Telefon

Was die Täter nicht mitbekamen: Über ein zweites Telefon verständigte die Frau inzwischen die echte Polizei und schilderte den Beamten, was gerade passiert. Damit kamen die Betrugsermittler ins Spiel, denen sich eine seltene Chance eröffnete. Sie ließen die 81-Jährige eine Übergabe ihrer Wertgegenstände an einen Mittelsmann vereinbaren. Als kurze Zeit später ein fremder Mann vor ihrer Wohnungstür stand, lauerten Polizisten schon im Treppenhaus. Sie nahmen nicht nur den Boten fest (einen 24-jährigen in Deutschland lebenden Türken), sondern schnappten auch einen Mittäter. Der 26-jährige Deutsche hatte seinen Boten in einem Taxi vor dem Wohnhaus überwacht.

Festnahme schon im Oktober

Doch woher wussten die Ermittler davon? "Schon im Oktober haben wir einen Täter festgenommen. Das lieferte uns wichtige Erkenntnisse über die Vorgehensweise dieser Banden", erklärt Heimo Kohlbacher, Sprecher der Landespolizeidirektion. Denn das kriminelle Netzwerk der falschen Polizisten ist wie eine große Firma organisiert – mit Callcentern in Osteuropa, der Türkei oder Indien, regionalen "Betreuern" und meist kurzfristig angeheuerten Boten als letztes und weitgehend unwissendes Glied in der Kette.

Mit dem 26-Jährigen ging der Polizei (beteiligt waren die Dienststellen Liebenau und Jakomini, das Grazer Kriminalreferat und das Landeskriminalamt) nun ein Verdächtiger der mittleren Ebene ins Netz. Bei einer Hausdurchsuchung im Appartement des Deutschen fand man versteckt in einer Dunstabzugshaube Goldmünzen und Schmuck. Die Beute stammt von offenbar von erfolgreicheren Angriffen durch die falschen Polizisten in der Woche davor. Die Festgenommenen befinden sich in Haft und zeigen sich weitgehend geständig.

Heimo Kohlbacher, Sprecher der Landespolizeidirektion
Heimo Kohlbacher, Sprecher der Landespolizeidirektion © BMI

"Couragiert, absolut professionell und sehr clever" nennt Polizeisprecher Kohlbacher das Verhalten der Pensionistin. Das habe der Polizei erst ermöglicht, so zielgerichtet zu agieren. Die Ermittler wollen sich auch persönlich bei der 81-Jährigen bedanken.

Falscher Oberstaatsanwalt

Doch konnte auch die Festnahme zweier Täter nicht verhindern, dass nur zwei Tage später erneut falsche Polizisten in Graz zuschlugen – diesmal mit Erfolg. Auf eine 77-jährige Frau machte dann sogar noch ein angeblicher Oberstaatsanwalt am Telefon Druck. Er forderte die Bezahlung einer Kaution, um die Tochter der Frau vor der Untersuchungshaft zu bewahren. 40.000 Euro übergab die 77-Jährige schließlich einem Mittelsmann im Innenhof ihrer Wohnanlage.

Der letzte bekannte Angriff stammt vom Dienstag dieser Woche und erfolgte nach einem noch nicht bekannten Muster. Eine 88-Jährige in Graz-Wetzelsdorf erhielt einen Anruf von einem Mann, der sich als "Goldmünzenüberprüfer" ausgab. Er müsse prüfen, ob die Münzen im Besitz der Frau überhaupt echt seien. Sie solle die Kassetten einfach vor die Wohnungstür stellen. Die Frau folgte den Anweisungen und verlor damit Golddukaten im Wert von rund 20.000 Euro.

Die steirische Polizei geht von rund 20 Betrugsversuchen pro Woche aus, sie treten in Wellen auf, viele werden gar nicht angezeigt. Auffällig ist die Häufung im Großraum Graz.