Lärmempfindlichkeit sollte man hintanstellen: Einmal hochgefahren, klopfen und hämmern im Sensenwerk Deutschfeistritznämlich die altehrwürdigen Gerätschaften. Das Wasserrad dreht, angetrieben vom Übelbach, seine Runden, treibt die Maschinen an. Aus dem Bröcklofen sprühen derweil die Funken.

"Eine solche Werkshalle wie bei uns sieht man nirgends mehr. Hier kann der Besucher erleben, wie früher ohne Strom produziert wurde. Man sieht, wie schwerfällig, wie präzise aber auch die Handarbeit war", erzählt Hannes Köck vom Kulturverein Sensenwerk Deutschfeistritz (gegründet 1989). Und tatsächlich: Es ist ein gewaltiges Liveerlebnis, das man hier geboten bekommt, denn: "Es ist uns wichtig, dass alles funktionstüchtig ist, damit man zeigen kann, wie es früher lief."

Früher waren die Zeiten für Sensenschmiede wahrlich noch goldene: Die Sense zählte vor der Mechanisierung der Landwirtschaft zu den wichtigsten Erntegeräten. "Viele denken bei der Sense ja nur ans Wiesenmähen und vergessen das Getreidemähen – die großen Getreidefelder waren der Schwerpunkt der Versorgung der Bevölkerung", weist der 65-Jährige auf die seinerzeitige Bedeutung für die Landwirtschaft hin.

Um 1900 wurden pro Jahr etwa zwölf Millionen Sensen in Österreich geschmiedet. Im 1849 errichteten Werk im Bezirk Graz-Umgebung waren es zu Spitzenzeiten 60.000 Sensen, "viele wurden in den Vorderen Orient exportiert". Mit dem Aufkommen mechanisierter Erntetechniken begann die Industrie des Sensenschmiedens in Österreich jedoch zu stagnieren. Selbst nach der Einführung von Mähmaschinen blieb die Sense für bäuerliche Kleinbetriebe und somit für die regionale Grundversorgung bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ein wesentliches Arbeitsgerät. Damit einher geht ein über Jahrhunderte erworbenes Fachwissen. Dieses wurde im Jahr 2013 von der Unesco als immaterielles Kulturerbe geadelt.

Rundumblick in die Werkshalle
Rundumblick in die Werkshalle © Juergen Fuchs

Die Kulturtradition der Sensenschmiede wird in Österreich durch mehrere Museen gepflegt (z. B. Sensenschmiedemuseum Micheldorf, Museum Geyerhammer Scharnstein). Die steirische Variante hat ein Alleinstellungsmerkmal: "Deutschfeistritz ist die einzige Anlage mit Wasserbetrieb für fünf große Wasserräder, die Zain- und Breithammer sowie über Transmissionen mehrere Maschinen betreiben", erläutert Köck, während er ein sogenanntes Bröckl zu bearbeiten beginnt. "Bis die Sense dann fertig war, waren in Akkordarbeit rund 30 Arbeitsgänge notwendig." Mit dem "Antreiber", dem Übelbach, habe man immer Glück gehabt – "er hat immer genug Wasser geführt, weshalb es früher im Tal gleich fünf Sensenwerke gegeben hat".

Antreiber gibt es auch im Verein (85 Mitglieder), der die Zunft weiterhin hochhält und für beeindruckende Führungen im Werk sorgt. Als zweites Standbein serviert man Kulturveranstaltungen. Infos über Führungen und Kulturtermine unter www.sensenwerk.at.