Nach einem äußerst turbulenten ersten Verhandlungstag im "Staatsverweigerer-Prozess" gegen 14 Mitglieder des "Staatenbundes Österreich" geht es schon am Dienstag am Grazer Straflandesgericht weiter. Während am ersten Tag vor allem der Staatsanwalt am Wort war und die "Präsidentin" dabei u. a. als "Oberste Hasspredigerin" bezeichnet hatte, geht es am Dienstag mit den Plädoyers der (Pflicht-)Verteidiger weiter.

Die Präsidentin des "Staatenbundes" wurde als erste Angeklagte befragt. Sie erzählte, wie der neue "Staat "von "Menschen aus Fleisch und Blut" gegründet wurde. Von ihr als Regierungschefin wurden Bundesheer, Polizei und Gericht verstaatlicht und sollten ihre "Haftbefehle" exekutieren - was nicht geschah und nur zu ihrer eigenen Verhaftung geführt hatte.

Eigentlich wollte die Erstangeklagte bei ihrer Befragung stehen bleiben, doch die Richterin empfahl ihr, sich hinzusetzen, da sonst ihre Angaben nicht über Mikrofon hörbar wären. Sie murmelte etwas von "Zwang, Nötigung, Freiheitsberaubung", nahm dann aber doch Platz. Dann erzählte sie, wie der Aufbau des von ihr gegründeten Staates mit dem "Staat Steiermark" begonnen hätte. "Was waren Ihre Ziele?", wollte die Richterin wissen. "Dass es allen Menschen gut geht und sie nicht ständig um die Existenz kämpfen müssen."

Ein "Staat aus Menschen aus Fleisch und Blut"

Auf die Frage, wo das Geld dazu herkommen solle, meinte die Präsidentin: "Das Geld kommt aus dem Nichts. Der Staat arbeitet gemeinnützig. Alles, was Menschen arbeiten, schaffen, kreieren. Nicht von Banken, die Kontoauszüge ausdrucken." Als die Richterin fragte, was sie selbst gearbeitet oder produziert habe, antwortete sie: "Was spielt das für eine Rolle?". Im übrigen sei der Staat Österreich nur eine Kapitalgesellschaft, während ihr Staat "aus Menschen aus Fleisch und Blut" bestehen würde.

Dann kam die Rede auf die Haftbefehle, die sie daheim geschrieben und dem Bundesheer übermittelt hatte, damit Regierungsmitgliedern festgenommen würden. "Welche Berechtigung haben Sie dazu?", wollte die Richterin wissen. "Ich habe das Bundesheer verstaatlicht", lautete die Erklärung. Im Übrigen sei sie auch mit Polizei, Gericht und anderen Behörden so verfahren, ebenso mit den Banken. "Wir wollten das gesamte Personal übernehmen, wir hätten niemand auf die Straße gesetzt", beruhigte sie.

Das Echo auf entsprechende Briefe sei aber gering gewesen, lediglich zwei Antworten trudelten irgendwann ein. "Sie wollten also, dass Leute verhaftet werden?", hakte die Vorsitzende nach."Ja", antwortete die Angeklagte, die aber mehrmals betont hatte, sie sei gegen Zwang und Gewalt. "Wie passt das zusammen?", fragte die Richterin. "Sie haben uns ja auch verhaftet", meinte die Beschuldigte. "Ich rede auch nicht dauernd von Friede und Freiheit", antwortete die Vorsitzende.

Auf die Frage, ob sie sich zum Anklagepunkt Anstiftung zum Hochverrat schuldig fühle, antwortete sie ganz bestimmt "Nein, nicht schuldig". Als sie weitere Ausführungen tätigte, wurde es der Richterin irgendwann zu bunt: "Überlegen Sie sich die Konsequenzen, ein Kasperlheater brauchen wir hier nicht."

Verteidiger: "Keine wirklich schlechten Menschen"

Die Pflichtverteidiger hielten ihre Statements eher kurz, betonte aber alle, wie absurd die Idee eines Staatsstreiches durch die Beschuldigten sei. Einigen der Angeklagten wird ja versuchte Bestimmung zum Hochverrat vorgeworfen.

Der Staatsanwalt hatte am ersten Verhandlungstag erklärt, die 14 Pflichtverteidiger würden alles sagen, um ihre Mandanten zu entlasten, wenn nötig auch, dass "der Himmel grün ist". Diese Äußerung hatte offenbar alle Rechtsanwälte entzürnt, denn jeder ging in seiner Gegenäußerung darauf ein, bevor er zu den eigentlichen Tatbeständen kam.

Einer der Verteidiger betonte, bei den hier sitzenden Personen handle es sich um "keine wirklich schlechten Menschen." Seiner Meinung nach wäre es unmöglich gewesen "mit diesem einfältigen Brief das Bundesheer dazu zu bringen, einen Staatsstreich zu unterstützen". Die Hauptangeklagten sollen laut Anklage versucht haben, das Militär mit selbstverfassten Haftbefehlen zur Festnahme von Regierungsmitgliedern zu bewegen. Ein Brief an Wladimir Putin fand sich auch, in dem die Präsidentin des "Staatenbundes" um Hilfe bei der Erlangung der Macht in Österreich ersuchte.

"Wichtig ist nicht, was die Verteidiger sagen, sondern die Frage ist, wie denken Sie darüber", meinte der Anwalt in Richtung der Geschworenen. Die Angeklagten hätten "nie im Leben daran gedacht, jemandem Gewalt anzutun". Es handle sich eher um "komische Ideen, die ich nicht verteidige."

"Kriminelle Vereinigung" und "Mafia"

Am Nachmittag ist im Grazer Straflandesgericht die Befragung der Hauptangeklagten der 14 Mitglieder des "Staatenbundes Österreich" fortgesetzt worden. Sie sprach von "schweren Völkerrechtsverletzungen" in Österreich, denen sie mit ihrem eigenen Staat entgegenwirken habe wollen. Staatliche Institutionen bezeichnete sie als "kriminelle Vereinigung" und "Mafia".

Nachdem sich die Erstangeklagte selbst zur Präsidentin ihres "Staatenbundes" erklärt hat, fragte eine der Richterinnen, wie viele Menschen sie vertreten würde. "Ich vertrete niemanden, der Mensch bestimmt sich selbst", kam die Antwort. Eine konkrete Zahl - es sind rund 2.700 - wollte sie keinesfalls nennen. Die Geschworenen stellten ungewöhnlich viele Fragen, erhielten aber dieselben ausweichenden Antworten über "Menschen aus Fleisch und Blut" wie alle anderen.

Der Staatsanwalt kündigte an, dass seine Befragung "mehrere Stunden, wenn nicht mehrere Tage" dauern würde, da er auch zahlreiche Tondokumente vorspielen möchte. Er konfrontierte die Angeklagte mit ihrer Aussage "Wir wissen ja, mit wem wir uns angelegt haben, das wird kein Spaziergang". Sie meinte damit Behörden, die ihren Ideen im Wege standen. "Und, mit wem haben Sie sich angelegt?", hakte der Ankläger nach. "Mit einer kriminellen Vereinigung, einer Mafia", antwortete die Präsidentin, um dann zu bemerken: "Herr Staatsanwalt, Sie haben sich bis heute bei mir nicht legitimiert." Dieser konterte: "Womit? Mit einer Bestallungsurkunde der Reichsbürger?" Diese deutsche Organisation, bei der die Beschuldigte ausgebildet worden war, hatte nämlich der Angeklagten eine solche Urkunde verliehen.

Sie erklärte außerdem, dass ihr "Staat" nur gemäß dem Völkerrecht vorgehen würde. "Was würde mit mir passieren nach dem Völkerrecht?", interessierte den Staatsanwalt. "Sie brauchen keine Angst zu haben, wir sperren niemanden eineinhalb Jahre ein so wie Sie", meinte die Befragte in Anspielung auf ihre Untersuchungshaft.

"Anwälte können sagen 'Der Himmel ist grün'!"

Schon am Montag gab es zwischen Staatsanwalt und Verteidigung gröbere Unstimmigkeiten: Alle Angeklagten haben Pflichtverteidiger, die den Staat 300.000 Euro kosten werden, sagte der Staatsanwalt. „Und das ist gut so, auch Staatsverweigerer bekommen den Schutz des Rechtsstaates.“ Mehrmals nahm der Staatsanwalt  vorweg, wie sich Angeklagte verteidigen werden und welche Strategien ihre Anwälte haben: „Anwälte können auch behaupten: Der Himmel ist grün.“ Er aber sei „zur Objektivität verpflichtet und an das Gesetz gebunden“.
Das kommt bei jenen sieben Verteidigern, die am ersten Tag noch zu Wort kommen, mäßig gut an. Sie seien „enttäuscht und betroffen“, auch Anwälte seien an das Gesetz gebunden.

(APA/Red.)