Am 29. Oktober ist es ein Jahr her, dass Friedrich Felzmann in Stiwoll westlich von Graz seine beiden Nachbarn mit einem Gewehr getötet und eine Nachbarin schwer verletzt hat. Seit dem Tag der Schüsse hat die Polizei keinen einzigen konkreten Hinweis auf den Verbleib des Verdächtigen erhalten, sagte der Leiter der mittlerweile aufgelösten Soko "Friedrich", Rene Kornberger.

Bei der internationalen Fahndung ist nach wie vor eine Belohnung von mehr als 5.000 Euro für Hinweise ausgelobt, die zur Festnahme des Steirers führen. Genutzt hat dieser finanzielle Anreiz bisher allerdings nichts, denn seit dem 29. Oktober 2017 fehlt abgesehen von dem in einem Wald gefundenen Fluchtfahrzeug jede Spur von dem damals 66-Jährigen. "Wir haben seit unserer letzten Pressekonferenz Ende Jänner noch knapp 40 Hinweise bekommen. Dabei handelte es sich um angebliche Sichtungen in Österreich und im benachbarten Ausland. Außerdem wurden Schlaflager gefunden. Die haben wir auch überprüft, aber sie waren nicht von dem Verdächtigen", sagte Kornberger.

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Soko Friedrich aufgelöst

Die Sonderkommission wurde Ende Jänner zwar aufgelöst, aber die Ermittlungen laufen weiter und zwar bis der Verdächtige gefunden ist. Hinweisen wird weiterhin nachgegangen und man hält mit Informanten sowie auch mit der Familie des Verdächtigen Kontakt. "Je länger es keinen gesicherten Aufenthalt gibt, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass der mutmaßliche Täter verstorben ist", sagte der Ermittlungsleiter. Eine Rest-Wahrscheinlichkeit, dass er sich weiterhin versteckt, bleibe natürlich aufrecht.

Auffallend sei jedenfalls, dass der ansonsten sehr aktionistische Friedrich F. seit dem Tag der Schüsse keine Äußerungen von sich gegeben hat: "Weder Brief noch E-Mail haben wir erhalten." Das spreche eher dafür, dass der Steirer nicht mehr lebt. "Mein Wunschgedanke ist, dass wir zum Jahrestag einen Anknüpfungspunkt bekommen, aber eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür gibt es nicht", sagte Kornberger. "Wir haben nichts, keine konkreten Hinweise, keine DNA, keine treffenden Bilder aus Wildkameras, nur Mutmaßungen."

Indessen wird der damalige Großeinsatz - wie viele andere Einsätze - evaluiert. Kornberger ist darin zwar nicht eingebunden, aber für sich persönlich hat der Ermittlungsleiter einen positiven Eindruck gewonnen: "Die Amtshandlung war in Summe eine große Herausforderung. Mir ist kein ähnlicher Fall mit derart großem Personaleinsatz und Engagement bekannt. Es wurden keine Überlegungen gescheut. Wir haben alle technischen Hilfsmittel wie etwa Drohnen ausgeschöpft. Vom Innenministerium gab es zusätzliche Mittel für die DNA-Überprüfungen. Ich wüsste daher nicht, was man bei der Fahndung noch hätte verbessern können."

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Sogar esoterischen Hinweisen von "Pendlern" sei man nachgegangen. Von diesen habe es ungewöhnlich viele Meldungen gegeben: "Sie haben uns mögliche Standorte mitgeteilt. Da waren wir auch ein wenig Getriebene", sagte Kornberger. Die Suchtruppen haben Hütten und Höhlen durchsucht, was für die Dokumentation des Einsatzes eine Schwierigkeit war: "Vieles davon war nirgends verzeichnet, geschweige denn mit Anschrift. Wir haben alle Sichtungen mit GPS-Daten in einer Karte aufgearbeitet und so wertvolles Datenmaterial gewonnen - zum Beispiel auch, wie die Hundestaffeln gegangen sind. Es wird auch künftig wichtig sein zu wissen, welche Wege überprüft wurden, weil die verschwinden mit der Zeit auch wieder." Sollte der Verdächtige gefasst werden, könne man möglicherweise nachvollziehen, auf welchen Wegen er geflüchtet ist und ob man jene Gebiete überprüft hat, so Kornberger.

Aus dem Einsatz haben die steirischen Ermittler auch gelernt: "Die Topografie eines Geländes ist massiv zu beachten. Wir haben auch unsere Grenzen kennengelernt", meinte der Oberst. Ein persönlich positives Ergebnis brachte die Organisation vieler Kollegen, die schnell gefunden werden konnten und auch die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft war laut Kornberger "klaglos": "Alle gesetzten Maßnahmen ergeben in Summe ein sehr rundes Bild."

Anlässlich des Jahrestags könnten in der beschaulichen Gemeinde Stiwoll wieder die Emotionen hochkommen, fürchtete der Ermittler. "Ich hoffe der Ort kommt endlich zur Ruhe und zu einem normalen Tagesablauf. Die Bevölkerung sollte nicht permanent mit der Tragödie konfrontiert werden." Aus polizeilicher Sicht werde der Jahrestag ohne große Aufregung geplant: "Wir werden vielleicht die örtlichen Streifen zum Jahrestag sensibilisieren, aber es gibt keinen Hinweis, dass sich Friedrich F. im Nahbereich aufhält."