Die Rückenprobleme in der Vorbereitung sollen für Weltcupsieger Stefan Kraft kein Bremsklotz sein. Der 27-Jährige zeigte sich am Montag wenige Tage vor dem Auftakt der Skisprung-Weltcup-Saison optimistisch. "Es ist ein bisschen ungewiss, wie viel Substanz ich aufgebaut habe", gab der Salzburger zu, hat aber große Ambitionen. "Sicher will ich wieder einer der besten Skispringer sein und bei den vielen Großereignissen um Siege und Medaillen kämpfen."

Um in dem am Wochenende in Wisla (Polen) startenden Weltcup-Winter neuerlich konkurrenzfähig zu sein, musste der zweifache Weltcup-Gesamtsieger allerdings teilweise neue Wege gehen. Denn im Sommer sei es ihm drei Mal im Rücken "eingeschossen", erzählte Kraft. Zu hohe Spannung der Muskulatur sei als Ursache ausgemacht worden. "Ich habe das Krafttraining zurückgeschraubt und 200 bis 300 Sprünge weniger absolviert."

Doch bei den jüngsten Trainingskursen klappte alles und der Skiflug-Weltrekordler erwies sich als der gewohnte Gradmesser im Team von Neo-Cheftrainer Andreas Widhölzl. "Derzeit bin ich happy, ich hoffe, dass es so bleibt", meinte der Pongauer. Der Rückstand im Krafttraining sei aktuell nicht störend. "Die Frage ist, wie es im Februar oder März ausschaut." Bisher habe ihm das Krafttraining immer geholfen, die gesamte Saison gut durchzuhalten.

Neues Material

Das war einer der großen Vorzüge Krafts, der in den sechs Saisonen seit 2013/14 nie schlechter als Gesamt-Sechster war. Und damit in der so diffizilen Sportart mit zahlreichen Veränderungen eine Sonderstellung einnimmt.

Von einer neuerlichen Materialänderung ließ sich Kraft nicht aus dem Tritt bringen. Eine Änderung bei den Anzügen war nicht wesentlich, die Reglementierung der zur Stabilisierung des Fluges hinten in die Sprungschuhe gesteckten Keile verlangte aber Anpassungen. Die gingen bei Kraft entgegen der von der FIS gewünschten Richtung. "Ich hatte bisher dünne und kurze Keile, jetzt sind sie dicker und länger geworden, das ist genau das, was die FIS vermeiden wollte", erklärte der Doppel-Weltmeister von 2017. "Aber sie haben mich dazu gezwungen." Große Veränderungen im Leistungsvermögen der Spitze erwartet er aber nicht.

Neuer Coach

Coach Widhölzl ist in dieser Position neu, fast alle Athleten kennen den 44-jährigen Tiroler aber aus seiner Zeit als Co-Trainer von Alexander Pointner oder Heinz Kuttin. "Er hält das Team gut zusammen, es ist lustig und unkompliziert, ein schönes Miteinander", schilderte Kraft. "Und er kennt sich sehr gut aus beim Material, man kann mit ihm super diskutieren." Es sei ein Vertrauensverhältnis da.

So wie er die Entwicklung seines körperlichen Zustandes noch mit einem Fragezeichen versieht - er kündigte an, manche Trainings oder Probedurchgänge auszulassen - so sieht Kraft auch die Situation mit der Pandemie ungewiss. "Es wird sicher einiges passieren, wer weiß, ob jemand einmal einen positiven Test abgibt, ob man einmal in einem Hotel sitzen bleibt, ob man zehn Tage in Russland hängenbleibt und die Skiflug-WM verpasst. Da können sicher schlimme Sachen passieren. Wir müssen echt aufpassen", betonte die Nummer 1 im Team, die weiter mit Michael Hayböck ein Zimmer teilen wird. Doch der Optimismus überwiegt. "Ich glaube, dass wir einen schönen Weltcup zusammenbringen, ohne Zuschauer halt, das ist traurig, aber lieber so als gar nicht."

Alte Erfolge?

Spielte Kraft seine Stärken bisher eher im weiteren Verlauf der Saison aus - nur einer seiner 21 Weltcupsiege gelang ihm vor dem 29. Dezember - so ist diesmal ein guter Start gefragt. Denn mit der Skiflug-WM in Planica wartet der erste Höhepunkt schon vom 10. bis 13. Dezember. "Voll cool, dass eine Skiflug-WM im Dezember stattfindet, da muss man gleich gut in die Saison starten und schauen, dass man in Form kommt", meinte Kraft. "Denn Skifliegen ohne einen Lauf zu haben, das geht leicht einmal in die Hose. Man muss von Anfang an voll da sein."

Sein Selbstvertrauen hat Kraft trotz der Probleme nicht eingebüßt. "Ich fühle mich echt bereit für den Start und glaube, dass wir sehr gut gearbeitet haben." Eine Standortbestimmung werde es aber erst ab Freitag (Qualifikation in Wisla) gegen. Denn mit Ausnahme eines einzigen Sommer-GP-Bewerbs gab es auch im Training keinen Vergleich mit der Konkurrenz.