Nach dem Paukenschlag am Mittwoch beginnen sich in Österreich die Dopingwogen erstmals wieder leicht zu glätten. Die ÖSV-Langläufer Max Hauke und Dominik Baldauf, die bei ihren Vernehmungen Blutdoping gestanden haben, befinden sich wieder auf freiem Fuß. Die Ermittlungen gegen das Duo, das mittlerweile auch von der unabhängigen Anti-Doping-Rechtskommission (ÖADR) suspendiert wurde, laufen freilich weiter. Ihnen drohen Anklagen wegen Sportbetrugs sowie Sanktionen bzw. Sperren nach dem Sportrecht.

Während man in Österreich derzeit davon ausgeht, dass es sich bei Hauke und Baldauf um zwei Einzeltäter handelt, verhält sich die Situation in Deutschland ganz anders. Dort hat nach der Festnahme des Sportmediziners Mark S., der als Drahtzieher einer weltweit agierenden kriminellen Organisation gelten soll, das große Zittern erst so richtig begonnen. So gab der Arzt aus Erfurt, dessen zwei in Seefeld verhaftete Komplizen sich in Innsbruck in Übergabehaft befinden, in einem länger zurückliegenden Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ an, mehr als 50 Spitzensportler zu betreuen. „Vor allem Schwimmer, Radsportler, Fußballer, Handballer und Leichtathleten.“

Bestätigen sich diese Angaben, könnten die Grundmauern des deutschen Spitzensports bald kräftig zu wanken beginnen. Denn der Sportmediziner (die Praxis betreibt er gemeinsam mit seiner Mutter), der auch Österreichs 2014 des Dopings überführten Langläufer Johannes Dürr „betreut“ hat, wurde bekanntlich bereits seit 2008, als er noch für die Rad-Teams „Gerolsteiner“ und „Milram“ tätig war, verdächtigt, in Doping-Machenschaften verstrickt zu sein.

Ebenso alarmierend: Die Praxis von Mark S. ist bereits seit Ende der 90er-Jahre eine „Sportmedizinische Untersuchungsstelle“ des Landessportbundes Thüringen. Alleine 2018 sollen hier 75 deutsche D-Kader-Athleten aus den Sportarten Gewichtheben, Radsport und Schwimmen untersucht worden sein. Die Lizenz als Untersuchungsstelle wurde der Praxis mittlerweile entzogen.

Bei der von 120 Beamten durchgeführten, länderübergreifenden Razzia wurden in der Erfurter Praxis neben einer Zentrifuge auch rund 40, mit Tarnnamen versehene Blutbeutel sichergestellt. Die Zuordnung soll sich laut den ermittelnden Behörden dank DNA-Tests und der Zusammenarbeit mit Nada und Wada, denen Zehntausende individuelle Blutprofile vorliegen, als unproblematisch gestalten.

In Deutschland werden der Erfurter Praxis bereits ähnliche Ausmaße wie dem Dopingskandal vor 13 Jahren rund um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes zugesprochen. Der spanische Mediziner soll damals unter anderem namhafte Sportler aus der spanischen Fußball- und Tennisszene als Kunden gehabt haben. Doch verhinderte damals die Madrider Justiz weitere Aufklärung.

In Deutschland werden sich diese Dopingräder mit Sicherheit nicht so einfach stoppen lassen.