Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Auch der malerischste schwedische Winter hat einmal sein Ende. Dass das aber just während der WM passiert und noch dazu innerhalb von 48 Stunden, das ist schon eine Frechheit, finde ich. Andererseits ist es beruhigend, dass selbst rund um den Åresjön, den See, an dem der WM-Ort liegt, alles nicht mehr so märchenhaft aussieht, wenn der weiße, watteartige Mantel des Neuschnees durch Regen, peitschenden Wind und Plusgrade im wahrsten Sinne des Wortes weggeblasen und geschwemmt wurde. Dort, wo wir selbst noch am Mittwoch mit Schlittenhunden über das Eis glitten (also wir glitten im Schlitten, die Hunde zogen) sieht man nun niemanden mehr auf dem See. Der Schnee über dem Eis ist weg, dieses schimmert stellenweise so türkis, dass vielleicht ein Teil unserer Regierung Freude daran hätte, die Schlittenhunde, Skidoo-Fahrer und auch jene, die bisher in den Autos des WM-Sponsors ihre Fahrkünste auf Eis (natürlich mit E-Modellen) testeten, nicht. Niemand bewegt sich heute auf dem See, auch die Elche, die sonst des Morgens den See querten, kehren unverrichteter Dinge wieder um.

Was man gegen diese merkwürdige Art der Frühlingsdepression machen kann? Man erinnert sich. Daran, wie es war, als man noch auf Schnee über den See glitt. An die 14 Hunde, die Nicklas Blom vor den Schlitten gespannt hatte. Nicklas ist Fotograf, hat aber die Liebe zu den Schlittenhunden entdeckt und sich am Åresjön ein wunderschönes Anwesen geschaffen, alles selbst gebaut, wie er stolz erklärt. Und dazu hat er sich sein Rudel aufgebaut, zwischen 20 und 25 Hunde. Und wer ihn besucht, darf alle kennenlernen – wenn Chefin Hilla (sprich: Hiela) nach dem ersten Anschnuppern ihr Okay gegeben hat. Dafür darf man dann sogar helfen, den Hunden das Geschirr zum Schlittenhundeziehen anzulegen.

Nicklas bestreitet mit seinen Hunden im Normalfall selbst Wettkämpfe, hat mit ihnen auch schon Schweden bis in den nördlichsten Zipfel und über 700 Kilometer bereist. Die Fahrten mit den Touristen, die sind deshalb Training für ihn und Bewegung für die Hunde. „Das Laufen“, sagt Nicklas, „ist in ihren Genen. Wenn ich hinten runterfalle, bleiben sie nie mehr stehen.“ Während er das sagt, spannt sich ein Regenbogen über den See über den Himmel. Daran denke ich in der jetzigen Wetter-Tristesse.

Herzlichst, bis morgen

Michael Schuen

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