Stefan Kraft hat sich einmal mehr als Spezialist für Großereignisse erwiesen. Der 27-Jährige triumphierte am Freitag im Großschanzenbewerb der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf und eroberte damit nach dem Double von 2017 sensationell seinen dritten Einzel-Titel. Nach Flügen auf 132,5 und 134 m hatte der Salzburger 4,4 Punkte Vorsprung auf den Norweger Robert Johansson und 9,1 auf Lokalmatador Karl Geiger. Daniel Huber fiel im Finale vom dritten auf den achten Rang zurück.

Krafts Erfolg war nach dem bisherigen Saisonverlauf nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Er hatte in dieser Saison, in der das Coronavirus die ÖSV-Springer gleich nach dem Auftakt zu einer Zwangspause gezwungen hatte, einen dritten Platz als bestes Resultat erreicht. Der Skiflug-Weltrekordler hatte nach Rückenproblemen in der Vorbereitung zudem Krafttraining und Einsätze dosieren müssen.

Doch auf einer seiner Lieblingsschanzen, auf der er bei der Tournee 2014 und 2016 gewonnen hatte, fand Kraft zu alter Stärke zurück. Platz eins in der Qualifikation und Bestweite im Probedurchgang ließ der zweifache Weltcup-Gesamtsieger bei starkem Schneefall auch den WM-Triumph folgen. "Es war jeder Sprung wie aus einem Guss, ich bin so richtig in einen Flow hineingekommen. Es war so eine Energie im Sprung, es hat richtig Spaß gemacht", freute sich der Pongauer, der von der Normalschanze Zehnter gewesen war und Bronze mit dem Mixed-Team geholt hatte.

Stefan Kraft: "Ist ein Wahnsinn"

Dort hatte er sich mit sehr guten Sprüngen auch Zuversicht geholt. Nervös sei er aber trotzdem gewesen, gab Kraft zu. "Mit dieser Vorgeschichte ist die Goldmedaille wunderschön und unglaublich für mich. Ich war im Sommer so weit weg wegen meiner Rückenprobleme. Dass es jetzt so geklappt hat, ist ein Wahnsinn", erklärte Kraft im ORF-Interview. Er hat wie Gregor Schlierenzauer (1-3-0) nun bei vier Weltmeisterschaften in Serie jeweils eine Einzel-Medaille erobert (3-0-2).

Mit dem dritten Einzelgold ist der Wettkampftyp der erfolgreichste Österreicher im Skispringen und schob sich unter die fünf größten WM-Teilnehmer der Geschichte, was Einzelmedaillen betrifft. Birger Ruud (NOR/5 Titel) führt vor Adam Malysz (POL/4) sowie Jens Weißflog (GER), Hans-Geog Aschenbach (DDR) und Kraft (je 3).

"Wenn er einmal die Lunte riecht, dann lässt er es nicht mehr los", meinte Cheftrainer Andreas Widhölzl zum Coup seiner Nummer 1. Nach durchwachsenen Leistungen in dieser Saison - im Weltcup sind die ÖSV-Springer seit 25 Bewerben ohne Einzelsieg - gab es nun sogar Gold. "Dass es in dieser Situation so aufgeht, ist voll cool", freute sich der Neo-Chefcoach. Kraft habe die Aufgabe perfekt gelöst.

Daniel Huber: "Bin mutig gesprungen"

Huber, der noch auf seinen ersten Weltcupsieg wartet, kam nach 133,5 auf 123,5 m und fiel zurück. "Ich bin mutig gesprungen, habe aber im Flug etwas liegengelassen. Das tut schon etwas weh, es wäre viel möglich gewesen", meinte der 29-Jährige, er freute sich aber "extrem" mit Kraft.

WM-Debütant Jan Hörl (127 m/136,5 m) und Philipp Aschenwald (123,5/130) steigerten sich im Finale deutlich auf die Plätze zehn und elf und weckten damit Hoffnungen auf neuerliches Edelmetall im Teambewerb am Samstag (17.00 Uhr/live ORF 1). "Wir haben ein richtig gutes Mannschaftsergebnis, ich glaube wir sind gut aufgestellt für Samstag. Da ist viel drinnen", betonte Widhölzl.

Der deutsche Titelverteidiger Markus Eisenbichler, der nach einem 122,5-m-Flug nur Halbzeit-16. war, stürzte im Finale bei 134 m und wurde als 17. klassiert. Weltcup-Dominator Halvor Egner Granerud aus Norwegen war nach einer Corona-Infektion nicht am Start. Sein Teamkollege Johansson (129,5/135,5) sicherte sich seine erste Einzelmedaille, für Geiger (132/132) gab es auf "seiner" Schattenbergschanze dank Steigerung um drei Plätze mit Bronze die dritte Medaille im dritten WM-Bewerb.