Es sind ihre große Erfahrung und ihr vorangeschrittenes Alter, die Daniela Iraschko-Stolz bei den heimischen Skispringerinnen in die Rolle der Teamleaderin oder gar der „Team-Mutter“ rücken. Als Marita Kramer im Einzel-Bewerb um ihre sichere Medaille gebracht wurde, war die 37-jährige Steirerin für ihre enttäuschte Kollegin sofort zur Stelle. „Ich habe ihr gesagt, dass ich bei der WM-Premiere in Liberec als Topfavoritin auch nur Vierte geworden bin und trotzdem noch etwas aus mir geworden ist. Darauf meinte sie: ,Ich will aber mehr gewinnen als du!‘ Und das wird sie auch, sie ist ja noch jung und hat ein unglaubliches Talent“, ist Iraschko-Stolz überzeugt.

Im heutigen Bewerb auf Großschanze (17.15 Uhr, ORF 1, live) gilt Kramer als die große Gejagte, aber auch Iraschko-Stolz ist nach Team-Gold und Mixed-Bronze ein weiterer Coup zuzutrauen. Wobei die Eisenerzerin eben lieber von ihrer erst 19-jährigen Kollegin schwärmt: „Auf der Großen ist Sara noch um ein Trumm stärker. Sie hat derzeit ein megasuper Flugsystem. Dass sie es trotz des Antrittsverbots in Rasnov und dem Drama hier im Einzel in den weiteren Bewerben so souverän runtergebracht hat, hat mich schon überrascht.“

Ruf nach zweitem Olympia-Bewerb

Iraschko-Stolz ist seit den Anfängen im Damen-Weltcup dabei, die rasante Entwicklung überrascht die „Grande Dame“ der Szene nicht: „Es war klar, dass sich das Niveau kontinuierlich steigern wird. Am Anfang braucht man eine gewisse Quantität an Springerinnen, dann entwickelt sich die Qualität von alleine“, sinniert die mittlerweile achtfache WM-Medaillengewinnerin. Und weiter: „Hier in Oberstdorf haben wir erstmals wie die Männer vier Bewerbe. Bei Olympia wäre es wünschenswert, zumindest einen zweiten dazuzubekommen. Immerhin hängen davon auch die gesamten Förderungen für das Damen-Skispringen ab.“ Der Rest würde sich dann von alleine entwickeln. Eine eigene Tournee, Skifliegen ... „Das wird alles kommen und ist nicht mehr aufzuhalten.“

Aufzuhalten ist auch Iraschko-Stolz (noch) nicht, denn die Skisprung-Pionierin denkt noch lange nicht an einen Schlussstrich unter ihrer Karriere, in der sie den Sport auf einen neuen Level hob. „Es geht mir körperlich gut, ich habe noch viel Spaß. Und das Wichtigste ist, dass ich noch ganz vorne mitmischen kann. Daher habe ich auch noch keine Rücktrittsgedanken. Wenn es der Körper zulässt, sind die Olympischen Spiele 2022 in Peking schon noch ein Ziel“, betont die 16-fache Weltcupsiegerin.

Künftige Arbeit mit Kindern

Aber der Moment wird kommen, in dem sie ihre Sprunglatten ins Eck stellt. „Das wird dann aber ganz spontan passieren“, sagt sie. Und danach? „Ich könnte mir schon vorstellen, als Trainerin zu arbeiten. Aber vor allem mit Kindern, weil es mich reizen würde, ihnen die Begeisterung für den Sport mitzugeben.“

Ein sofortiger Einstieg ins große Trainergeschäft ist für Iraschko-Stolz hingegen (noch) kein Thema. „Dazu bräuchte ich erst einmal eine gewisse Distanz zum Skispringen und dem Weltcup und auch eine entsprechende Ausbildung. Mir gefällt aber auch meine Arbeit bei der Polizei sehr gut. Man wird sehen, aber ich habe mir auf alle Fälle einige Möglichkeiten und Perspektiven für das Leben nach dem aktiven Skispringen geschaffen.“