Ich sage es, wie es ist. Eigentlich wollte ich Sie bei dieser WM nicht mit meinen Briefen behelligen. Was soll schon passieren, dachte ich mir? Eine WM in einer Pandemie, das ist doch nur eine Verschiebung der Blase, oder? Also der „Bubble“, nur um Missverständnissen vorzubeugen. Jetzt bekomme ich derzeit natürlich nicht mit, was sich in der Heimat abspielt, wenn der Sturm auf die Friseure losgeht. Was man aber sagen kann: Viele, die mit dem WM-Tross mitreisen, würden den Friseur auch gut brauchen können (ich nicht, weil, so sagt meine Frau immer, lange Haare überdecken das Gewicht im Gesicht besser).

Womit wir beim Thema sind: So ganz sicher kann sich keiner der sonst so polyglotten Weltcupbegleiter sein. Der Umgang mit dem Virus ist hier anders als bei uns – aber wie geht man selbst damit um? Hat man teil am Leben, das tatsächlich stattfindet? Oder igelt man sich im Quartier ein und verlässt dieses nur zur Arbeit im Zielgelände bzw. bei Presseterminen? Dabei kann man sich auf ein scheckkartengroßes „Feature“ verlassen, wie das neudeutsch heißt. Ein elektronischer Abstandsmesser, der lauthals vibriert, wenn man den Mindestabstand unterschreitet. Völlig unverständlich bleibt, warum er gleich in der ersten Nacht im Appartement losvibrierte, obwohl weit und breit im Stockbettzimmer außer meiner Wenigkeit niemand zu finden war. Der aufgeklebte Text „Because we care about you“ tröstet da wenig, weil um halb vier wäre es fein, wenn das Kümmern sich auf stille Zurückhaltung beschränken würde.

Die stille Zurückhaltung wich dann auch der Neugier. Wenn man schon legal in einem Café einen Cappuccino trinken darf, dann muss das sein. Auch, weil Cortina zu verlockend ist, um nicht durch die Fußgängerzone zu flanieren, wie die Italiener auch. Allerdings: Der Charme der Stadt bröckelt, das Mondäne erschöpft sich mitunter in den Schaufenstern, darüber und dahinter hat Cortina Patina angesetzt. Auch in Cortina hat man sich wohl zu lange auf das verlassen, was ist – und steht nun vor dem Problem, dem Jetzt ein wenig hinterherzuhinken. So wie auch die Friseure: Denn die Idee einiger Zugereister, die Absage am Montag auch in Italien für den Besuch des Friseurs zu nützen, war zwar gut, aber undurchführbar. Friseure haben hier montags geschlossen. Ganz unabhängig von der Pandemie.