Tamara Tippler kann nicht nur schnell Ski fahren. Sie kann auch wirklich schnell sprechen, wenn sie guter Laune ist. Das ist sie in der jüngeren Vergangenheit öfter, schließlich ist sie nach dem Ausfall von Nici Schmidhofer, Nina Ortlieb und Conny Hütter zur Nummer eins des Speed-Teams mutiert. Wobei sie das gar nicht sein will: „Ich habe keine Rolle, ich bin keine Rolle, ich bin einfach die Tami“, sagt sie und lacht ihr lautes Lachen.

Ein schöner Satz, schnell gesagt, aber mit Langzeitwirkung. Denn bis Tippler zur Überzeugung kam, dass es eben reicht, „einfach die Tami“ zu sein, dauerte es. „Ich habe mich diesen Sommer intensiv mit dem Thema Skifahren beschäftigt. Und im Zuge dessen auch mit meiner Persönlichkeit“, sagt sie. Womit wir wieder bei den Rollen werden. Denn die der Favoritin, die den Sieg nur abholen muss, sieht Tippler auch nicht. Nicht einmal für Lara Gut-Behrami, die die jüngsten vier Super-G gewonnen hat, teilweise in überlegener Art und Weise. „Ich würde zwar Silber sofort nehmen“, sagt sie da, ergänzt jedoch: „Aber es ist keine gegessene Sache. Auch Lara muss ihre Hausaufgaben machen. Auch sie muss ihre sieben Zwetschken beinand haben, so wie ich auch.“ Denn was für Lara Gut gilt, gilt natürlich auch für Tippler: „Auch für mich ist gar nichts gegessen, nur weil ich zuletzt drei Mal auf dem Podest war. Und das drei Mal bei unterschiedlichen Bedingungen.“

"Tag X" neu definieren

Die Kunst des Skifahrens für sie liege in dieser Saison darin, den „Tag X“ neu definiert zu haben. Nicht mehr der Tag des Großereignisses ist es für die Mautnerin. „Jeder Tag ist für mich Tag X, jedes Rennen. Denn du musst immer oben stehen und deine Leistung bringen, schnell sein.“ Das wiederum gehe nur, wenn man immer den Fokus behalte, bei jedem Rennen. Und ebenso diesen Fokus nicht übersteigert, nur weil es eben „WM“ statt „Weltcup“ heißt. „Die Kunst ist es, immer genau 100 Prozent zu geben, immer das, was man draufhat. Weil 110 Prozent, das wär auch zu viel.“ Doch genau das sei es, was die „neue Tippler“ wirklich ausmacht: „Mich macht aus, dass ich mich im Super-G sehr gut überwinden kann, die Leistung auf den Punkt bringen kann. Und dass mich der Tag X eben nicht mehr so aus dem Konzept bringt wie vor einigen Jahren.“

Ich bin in Cortina, um etwas zu gewinnen"

Nicht aus dem Konzept bringen lassen will sich Lara Gut-Behrami. Nach 30 Weltcupsiegen und fünf WM-Medaillen – keine davon in Gold – holt die 29-Jährige zum großen Wurf aus; wieder einmal. „Ich bin in Cortina, um etwas zu gewinnen. Aber ich habe weder etwas zu verlieren noch zu verteidigen.“ Fürchten müsse sie sich nicht, meinte sie, denn: „Es wird weitere Chancen geben. Und auch wenn ich keine Goldmedaille holen sollte, werde ich stolz auf meine Karriere sein.“ Mit Gold aber ein Stück stolzer.