Alessandro Benetton sieht auf dem Skiberg am Abend im grünen Holzfäller-Look nicht so aus, wie man sich einen erfolgreichen Geschäftsmann vorstellen würde. Der 56-Jährige mag aber durchaus für den typischen Gast in Cortina d’Ampezzo herhalten. „Das“, sagt er in gepflegtem Englisch mit diesem typisch italienischen Akzent, „ist an sich mein Berg. Hier komme ich fast jedes Wochenende her.“ Denn aus Treviso, wo die Familie Benetton ihren Sitz hat, braucht es gerade einmal eineinhalb Stunden, bis man in das Herz der Dolomiten eingetaucht ist.

Das tun viele, die es sich leisten können. Das mag ein Grund dafür sein, dass auch während der WM-Zeit die Fußgängerzone in der Stadt von Montag bis Freitag eher einem Familientreff der verschiedenen „Bubbles“ der WM gleicht. Aber am Samstag wähnt man sich dann doch wie in der Großstadt. Dann strömen aus allen Richtungen die Autos in die Stadt.

Winterquartier von Mussolinis Tochter

Das tun sie seit vielen Jahren. Denn schon bei den europäischen Adelshäusern genoss Cortina viel Ansehen, in der schwarzen Zeit des italienischen Faschismus und Mussolini pflegte etwa dessen Tochter in Cortina ihr Winterquartier aufzuschlagen. Dort übrigens, wo während dieser WM das österreichische Skiteam seine Zelte aufgeschlagen hat: Im Hotel Bellevue, das auf der Einfahrt aus Norden kommend den markanten Einstieg in die Fußgängerzone bildet. Richtung Süden ist es das Hotel Savoy, das gut zahlende Gäste anlockt.

Doch ist Cortina in die Jahre gekommen, das spürt man an jedem Eck. Manche meinen, das liegt an der Kleinteiligkeit. Kein Wunder, angeblich gibt es rund 30.000 Zweitwohnsitze in der kleinen Stadt, die zuletzt knapp 6000 Einwohner zählte und auch über rund ebenso viele Hotelbetten verfügt.

Größte Dichte an Ferraris

Doch das Geschenk des beeindruckenden Panoramas der Dolomiten genügte über Jahrzehnte, um den Status als Italiens beliebtester (Winter-)Urlaubsort einzuzementieren. Manche sagen sogar, dass die Dichte an Ferraris im Skiort, den manche als Sammelpunkt aller verschiedenen Besonderheiten von Kitzbühel, St. Moritz und Chamonix bezeichneten, die größte der Welt sei. Dass die Cortinesen selbst in der Zwischenzeit eher nicht mehr in der Stadt, sondern zwischen zehn und 15 Kilometer entfernt wohnen, ist bittere Nebenerscheinung.

Und Mitgrund, warum man einfach stehen blieb, wie auch Benetton weiß: „Es hat gereicht, nichts zu tun. Man ist in eine Zufriedenheit versunken. Alles ist wie von allein gelaufen.“ Also verzichtete man darauf, mit der Zeit zu gehen – geschweige denn, in die Zukunft zu denken. Es ist ein italienisches Phänomen: Die Gegenden, die das höchste BIP pro Kopf haben, sehen meist am wenigsten schön aus“, seufzt Benetton. Langsam bekommt man aber die Rechnung präsentiert. Manche mögen dabei in Österreich an den Niedergang von Bad Gastein denken. Mit der Ski-WM, vor allem aber mit den zweiten Winterspielen soll ein dringend notwendiger Schub passieren. Benetton: „25 Hotels sind schon im Umbau begriffen, noch einmal das Doppelte wird folgen.“

Das Ende einer Ehe

Er selbst hat übrigens nur zwei Jahre das Familienunternehmen, das sein Vater Luciano gründete, geleitet. 2014 trat er wieder ab, konzentrierte sich auf sein IT-Unternehmen und seinen Fonds. Und genoss die Ehe mit Italiens Skikönigin Deborah Compagnoni. Die ist nun aber zu Ende: Nur zwei Wochen vor Beginn der WM wurde die Scheidung des einstigen Traumpaares öffentlich. Mit ein Grund, warum die einstige Doppel-Olympiasiegerin bisher nicht in Cortina zu sehen war. Vielleicht kommt sie ja noch, denn ab Montag sollen die Skigebiete wieder öffnen dürfen.