"Es schaut guat aus", meinte Andreas Puelacher vor dem Starthaus. Das war um 11.05 Uhr, 25 Minuten vor dem Start des Rennens. Eine Prognose hatte der Cheftrainer der ÖSV-Herren nicht gewagt, aber er sollte recht behalten. Matthias Mayer bestätigte mit dem Sieg das Bauchgefühl des Herren-Coaches.

Ganz oben bei der Mausefalle, aus der die Teilnehmer so schnell wie möglich versuchen, wieder zu entwischen, da verschwinden die Rennläufer blitzartig, um in den Steilhang einzutauchen. Wer hier Oberwasser bekommt, der hat gute Chancen, den Flow zu erwischen, um den nicht zu unterschätzenden Rest der Streif schnellstmöglich zu bewältigen. Und in der Tat, so schnell kann der Beobachter gar nicht schauen, da sind sie auch schon wieder weg.

Der wahre Fan

Ein gutes Stück tiefer, auf der Seidl-Alm, erreicht die Stimmung einen ersten Höhepunkt, als Mayer über die Kante hüpft. Die echten Fans spüren, dass was im Laufen ist. Und bei der Zieldurchfahrt sind sie nicht mehr zu halten. Der hier kredenzte grüne Veltliner und auch das Bier fließen in Strömen, als es die Zahlen auf der Leinwand grünes Licht signalisieren.

Eine besonders leidenschaftliche Zuschauerin ist überhaupt nicht mehr zu halten. "Mottl Mayer", singt sie unentwegt, und versucht, die staunenden Beobachter mitzureißen. Das hier überwiegend deutsche Publikum stimmt  nach anfänglichem Zögern in den Chor mit ein. Sie haben den echten Fan erkannt und gehen in voller Stärke mit.

Der wahre Fan mit Thomas Morgenstern
Der wahre Fan mit Thomas Morgenstern © Gigler

Doch so ein Sieg löst nicht immer restlose Begeisterung aus, wie einer aus erster Hand erzählen kann, der alles mitgemacht hat. Michael Walchhofer, der 2006 die legendärste aller Abfahrtspisten als Schnellster hinter sich gebracht hatte, versuchte unmittelbar danach, die frohe Kunde seiner Frau zu übermitteln. Doch diese war mit den drei Kindern ausgelastet.

Kein Interesse

"Es hat sie überhaupt nicht interessiert, dass ich gerade Kitzbühel gewonnen habe. Die Frau von so einem Skirennfahrer ist wirklich nicht beneidenswert", erzählte der 44-Jährige in der Hütte in launiger Runde, an der Seite von Ex-Skisprung-Star Thomas Morgenstern, der den Triumph seines Kärntner Landsmannes natürlich genoss und prompt eine Runde spendierte. Auch Ex-Skirennläuferin Niki Hosp feiert mit.

Aber das wirkliche Leben, das spielt sich abseits des Hahnenkamms ab, nur ein paar Liftstationen entfernt. Die 7-jährige Enkelin der Melkalm-Wirtin fährt jeden Tag ins Tal zur Schule, auf Skiern und in der finsteren Morgendämmerung ausgerüstet mit einer Stirnlampe. Darauf freut sich Sara jeden Tag. So könnten spätere Siegerinnen aussehen.

Dosen-Slalom

Die Nachlese der Abfahrt bietet ohnehin ein konträres Bild. Wer die ziemlich abgefahrene Piste lange nach den Profis bewältigen will, der muss am Ende einen Dosen-Slalom hinter sich bringen. Auf das Pistenräumkommando wartete jede Menge Arbeit, denn schließlich stand am Sonntag ja noch der Slalom der Profis auf dem nur schwer von verirrten Hobby-Skiläuferin frei zu haltenden Ganslernhang auf dem Programm.