24 Stunden vor dem großen Abfahrts-Knüller am Samstag haben sich aber andere als Favoriten etabliert. Allen voran Bode Miller (USA), der wenige Tage nach seinem Comebacksieg in der Schweiz im letzten Abfahrtstraining am Donnerstag vor dem Schweizer Didier Cuche Bestzeit erzielte. Dass dieses wegen einer befürchteten Schlechtwetterfront auf 10.00 Uhr vorgezogene Training wegen schlechter Sicht verkürzt von der Mausefalle gefahren wurde, kam dem vor Olympia immer noch an der Fitness arbeitenden US-Amerikaner sicherlich entgegen. Während Miller einmal mehr dennoch wortlos aus dem Zielraum rauschte, unterstrich Michael Walchhofer als Sechster unmittelbar hinter Mario Scheiber, dass er und der Osttiroler derzeit Österreichs heißeste Speed-Eisen sind. Am Vortag waren die beiden hinter Cuche Zweiter (Scheiber) bzw. Dritter (Walchhofer) gewesen.

"Extrem gefährlich"

"Es hat sich aber eher bestätigt, dass Miller hier extrem gefährlich wird. Die Piste ist nicht so schlagig, das kommt ihm sicherlich entgegen. Er und Cuche sind die ganz heißen Favoriten", war Walchhofer, der auf Materialexperimente verzichtete und bereits die Abfahrtslinie für Samstag suchte, überzeugt. Tatsächlich hielt sich die perfekt präparierte und nicht so eisige Streif auch nach der zweiten Befahrung durch 62 Rennläufer wacker. Kaum Schläge sorgten dafür, dass mit Guillermo Fayed (FRA) und dem jungen ÖSV-Debütanten Markus Dürager (unverletzt) nur zwei Läufer nicht ins Ziel kamen. Das aktuelle ÖSV-Krisengewitter betrifft natürlich weit mehr die Abfahrt, in der Österreichs Herren erstmals seit 18 Jahren sieglos nach Kitz kommen. "Die Mannschaft ist viel stärker als es das Bild derzeit zeigt", beharrte Alpinchef Hans Pum. Zumindest im Super-G stimmt das. Österreich stellt mit Klaus Kröll den Kitz-Titelverteidiger, Walchhofer hat in Val d'Isere - überraschend - mit dem dortigen Super-G für den bisher einzigen Speed-Saisonsieg der ÖSV-Herren gesorgt und Hobby-Gitarrist Scheiber wurde bei seinem ersten und bisher einzigen Antreten in Kitz vor zwei Jahren Abfahrts-Zweiter und Dritter im Super-G.

Kaufen könne man sich davon aber nichts, waren sich die drei einig. "Ich weiß, dass ich im Super-G gut zurecht komme. Aber ich gehe nicht mit den allergrößten Erwartungen in das Rennen", wiegelte Walchhofer ab, der am Freitag als Träger des roten Trikots antritt. "Ich hätte eher erwartet, dass ich hier das Leadertrikot in der Abfahrt trage", schmunzelte der Salzburger. Scheiber meinte: "Bei mir ist es doch schon zwei Jahre her, aber mit Glück und einer guten Nummer ist ein Podium drin!" Kröll sorgte sich vorerst mehr um die Kurssetzung, die Aksel Lund Svindals norwegischer Coach Marius Arnesen vornehmen wird. "Ich hoffe auf einen vernünftigen Kurs ohne Fallen", sagte der Steirer. Die Erinnerungen an seinen unerwarteten Vorjahressieg seien natürlich gut, "viel bringen wird es mir aber nicht, was damals passiert ist", relativierte Kröll und gestand: "Meine Form könnte besser sein. Aber Kitz ist immer gut für einen Extraschub. Auch im Vorjahr habe ich keinen Sieg erwartet."

Neben Miller, Cuche und Gröden-Sieger Svindal gehört natürlich auch Shooting-Star Carlo Janka bereits am Freitag auf die Rechnung. Der Schweizer, der sich im Rennen wie kein Zweiter gegenüber dem Training (Platz 21 am Donnerstag) steigern kann, war zuletzt schon in Gröden Zweiter hinter Svindal und heizt den Kampf um die große Kristallkugel gegen Benjamin Raich vor Olympia nochmals groß an. Nur in der (klassischen) Kitz-Kombi ist der nach 19 Rennen 68 Punkte hinter dem Wengen-Abfahrtssieger Janka (757 Punkte) liegende Österreicher (689) zu favorisieren. "Andererseits habe ich hier in Kitz immer meine besten Super-G gefahren, weil mir das Gelände entgegenkommt", erinnerte Raich. Der acht Jahre jüngere Janka sei für ihn als Weltcup-Kandidat schon weit länger ein Thema als für die Außenwelt, betonte Raich. "Ich verfolge ihn schon lange. Er hat eine exzellente Technik und die Ruhe weg. Er wird eine harte Nuss, aber nicht nur er", ist der Pitztaler überzeugt.