Auf Schokolade wird Dorothea Wierer nun verzichten müssen. Sie selbst hat sich diesen schweren Verzicht auferlegt. In einem Interview vor der Biathlon-Weltmeisterschaft in ihrer unmittelbaren Heimat Antholz. Im Falle eines Erfolges wolle die Südtirolerin auf die Süßigkeit verzichten. „Aber nur ein Monat lang, nicht länger“, hatte sie bei einer Sponsor-Veranstaltung verkündet. Nun: der Erfolg kam in Antholz, wo ihre Sportkarriere mit zwei der vier Geschwister begonnen hat, in zweifacher Ausfertigung. In Form von zwei WM-Goldmedaillen im 15-km-Einzelbewerb und in der Verfolgung. Und einer Silbernen in der Mixed-Staffel.

Geboren ist die 29-Jährige in Bruneck, nur wenige Kilometer vom Biathlon-Zentrum in Antholz entfernt. Intensiv vorbereitet hat sie sich für die WM in Obertilliach in Osttirol. Sie liebt vor allem die Inszenierung, auch abseits von Loipe und Schießstand. Für Italiens beste Biathletin waren die Medaillen in Antholz freilich keine Eintagsfliegen. Im Vorjahr holte sie sich den Weltcup-Gesamtsieg, gewann Staffel-Gold bei Olympischen Spielen sowie sechs Medaillen bei Weltmeisterschaften. Aber mehr Erwähnung fanden stets ihre Fotos im Bikini, mit überaus spärlicher Bekleidung, auf den schönsten Stränden dieser Welt. Vor allem auch im Süden Italiens, wo sich kaum einer um den Wintersport kümmert. Biathlon ist südlich von Antholz so exotisch wie Curling.

Im Nord-Süd-Gefälle Italiens musste schon ein handfester Streit im italienischen Damenteam herhalten, um die Medien und die breite Öffentlichkeit etwas mehr zu begeistern. Lisa Vitozzi hatte vor Antholz die alte Geschichte von der WM 2019 in Östersund aufgewärmt. Sie warf erneut ihrer Kollegin wegen einer angeblichen Krankheit den Verzicht auf den Staffelstart vor. Tags darauf gewann Wierer glatt Gold im Massenstart. Diesmal lief die italienische Mixed-Staffel (mit Wierer und Vitozzi) zu Silber. Die Welt war wieder in Ordnung, um eine wunderbare Seifenoper reicher. Damit konnte auch Süditalien etwas anfangen.

Dabei fühle sich Wierer laut eigener Definition mehr als Italienerin als Südtirolerin. Einen österreichischen Pass würde sie nie anstreben, mittlerweile lebt sie auch im Val di Fassa im Heimatort ihres Mannes und sie liebe es, Italienerin zu sein. Mit ihren Äußerungen in der „Gazzetta dello Sport“ erhielt sie großen Applaus von der Berlusconi-Anhängerin und Rechtspolitikerin Michaela Biancofiore.

Dorothea Wierer brachten ihre Auftritte als Instagram-Star aber auch lukrative Sponsorverträge, unter anderem mit Red Bull. Das alles hat sie mit Lindsey Vonn gemeinsam. Die Show, von der jede Sportart profitiert, wird aber mit der WM in Antholz zu Ende gehen. Denn Wierer hat bereits erklärt, dass sie nach ihrer Heim-WM aufhören will. Es gäbe doch noch viele andere Dinge im Leben, sagte sie in einem Interview mit der „Gazzetta“. Mutter wolle sie sein, ganztägig, ohne Sport und Streit.