Mit einem Paukenschlag hat die Präsidentschaft von Martin Poiger an der Spitze des österreichischen Judo-Verbands (ÖJV) begonnen. Poiger ist am Samstag bei der außerordentlichen ÖJV-Generalversammlung als Nachfolger von Hans Paul Kutschera zum neuen Präsidenten gewählt worden. Gleichzeitig wurde bekannt, dass der Judo-Weltverband (IJF) Österreich die WM 2021 wieder entzogen hat.

In einem Anwaltsschreiben von Freitag begründete der Weltverband die WM-Rücknahme mit der nicht fristgerechten Bezahlung der zweiten Rate, gab der ÖJV am Samstag bekannt. In dem Schreiben hieß es, dass der IJF "eine künftige weitere Vertragserfüllung durch den ÖJV zurückweist, insbesondere die Ausrichtung der Judo-WM 2021 in Wien."

Was passiert mit den zwei Millionen?

Der heimische Verband hätte an den Weltverband insgesamt sechs Millionen Euro für die Durchführung der WM überweisen müssen. Zwei Millionen sind bereits bezahlt worden. Die zweite Rate in selber Höhe wäre am 30. September fällig gewesen, was nicht geschah. Was mit den bereits überwiesenen zwei Millionen passiert, wird nun Gegenstand von Diskussionen sein.

Die WM war im September 2018 an Österreich vergeben worden. Damals war noch die türkis-blaue Regierung mit Heinz-Christian Strache (FPÖ) als Vizekanzler und Sportminister im Amt. Diese hatte per Ministerratsbeschluss eine Art "Blankoscheck" für die finanzielle Unterstützung ausgestellt. Budgetiert worden war mit zwölf Mio. Euro, drei davon sollten vom Bund kommen. Nach der "Ibiza-Affäre" und dem Ausbleiben der von der Stadt Wien erhofften Förderung stand die Durchführung schon zur Diskussion, am Samstag griff der Weltverband ein.

Es gilt Vieles zu klären

"Die Absage der WM hat uns alle sehr überrascht, und wir bedauern diesen Schritt der IJF sehr", erklärte Poiger nach seiner Wahl. "Wichtigstes Ziel ist jetzt die Situation um die WM mit allen beteiligten Institution zu klären, wobei ... die transparente Aufarbeitung gemeinsam mit dem Sportministerium angegangen wird. Zu klären wird sein, warum mein Vorgänger als Präsident des ÖJV nicht für die ordnungsgemäße Berichterstattung an das Sportministerium gesorgt hat, und warum er nicht schon vor Ablauf der Frist um Aufschub angesucht hat", sagte der neue Präsident.

Denn laut ÖJV-Aussendung konnte die zweite Rate nicht bezahlt werden, "weil der ÖJV seinen im Fördervertrag festgeschriebenen Verpflichtungen gegenüber dem Sportministerium nicht nachgekommen ist".

Die Turbulenzen um die WM 2021 war auch ein Grund für den Wechsel an der Verbandsspitze. Bei einer Vorstandssitzung im September waren im Zuge der Unstimmigkeiten acht von zwölf Vorstandsmitglieder zurückgetreten, was eine Neuwahl des Vorstands notwendig machte. Kutschera, ab 2004 Präsident des Verbands, kandidierte nicht mehr.

Poiger einstimmig gewählt

Poiger stand an der Spitze des einzigen Wahlvorschlags (mit der zweifachen Ex-Europameisterin Sabrina Filzmoser als stellvertretende Schriftführerin) und wurde einstimmig gewählt. "Es war nicht der Plan, in diesem Jahr Präsident zu werden, aber die Umstände haben mich bewogen, in dieser für den ÖJV schwierigen Situation die Verantwortung gemeinsam mit einem starken Team zu übernehmen. Das Wahlergebnis macht mich stolz und ist ein schönes Zeichen, dass Judo Österreich geeint hinter diesem Team steht", erklärte der neue Präsident.

Der promovierte Betriebswirt leitete seit 2013 hauptberuflich das in Wien angesiedelte Hauptbüro der Europäischen Judo Union. Seit 2008 war er Vorstandsmitglied im ÖJV.

Neben der Aufarbeitung der Causa WM will Poiger die Vorbereitung der heimischen Judoka für Olympia im kommenden Sommer in Tokio sicherstellen, "weil wir als Sommersport mit guter Olympia-Vergangenheit natürlich in Tokio eine Medaille für Österreich und den ÖJV holen wollen".