Sie werden heuer wieder für Eurosport über die French Open berichten. Wie laufen die Vorbereitungen?
BARBARA SCHETT: Ich befinde mich derzeit in einem Londoner Hotel in Quarantäne. Darin bin ich mittlerweile bereits Spezialistin - es ist schon das fünfte Mal, dass ich in einem Hotelzimmer die Zeit absitzen muss. Nach fünf Tagen kann ich mich aber freitesten und dann geht es ab ins Studio, von wo aus wir die French Open mit unserer Berichterstattung aus dem Cube abdecken werden.

In Ihrer aktuellen Situation können Sie sicher nachvollziehen, dass die Turnier-Blasen auch für die Spieler zur Belastung werden.
Definitiv. Ich habe das in Melbourne miterlebt. Wenn du dich nur im Hotel und auf dem Tennisplatz aufhalten darfst und man keine Menschen treffen oder essen gehen darf, dann raubt das einem sicher den Spaß. Vor allem den Tennisspielern, die elf Monate im Jahr reisen und dadurch ohnehin schon sehr einsam sind.

Auch bei Dominic Thiem hat man den Eindruck, dass er sich mit dieser Situation sehr schwertut.
Und sie hat auch einen großen Einfluss auf Dominics Motivationsprobleme und damit auch auf seine aktuelle Form. Es ist zuletzt nicht ideal für ihn gelaufen, die eingelegte Pause muss ihre Gründe gehabt haben. Aber ich kann verstehen, dass er nach seinem großen erreichten Ziel mit dem Gewinn der US Open eine gewisse Leere verspürt hat. Dazu sind auch noch die Streitigkeiten mit Günter Bresnik und Verletzungen gekommen - alles Dinge, die man nicht so einfach abdrehen kann.

Was trauen Sie Thiem heuer in Paris zu?
Es fehlt ihm die Matchpraxis, aber ich denke, wenn er erstmals den Fuß auf die Anlage von Roland Garros gesetzt hat, wird er wieder voll motiviert sein. Außerdem kann man auch während eines Turniers seine Form finden. Bei einer guten Auslosung kann es sicher weit gehen. Aber Dominics Situation zeigt auch, dass die Spieler auch nur Menschen, und keine Roboter sind. Und es zeigt, welch große Ausnahmekönner die großen Drei sind, die sich trotz all ihrer Erfolge immer wieder aufs Neue motivieren können.

Wird Rafael Nadal Paris heuer zum 14. Mal gewinnen?
Ich habe die letzten sechs, sieben Jahre immer gesagt, dass er es diesmal nicht mehr schaffen wird. Heuer bin ich hingegen davon überzeugt, dass er wieder den Titel holt. Als zweiten Favoriten sehe ich Novak Djokovic, mit Abstrichen auch noch Stefanos Tsitsipas.

Die Wachablöse im Herren-Tennis lässt also weiter auf sich warten. Obwohl, bei den Altstars Roger Federer und Serena Williams zeichnet sich demnächst das Ende einer großen Ära ab.
Sie sind beide 39 Jahre alt und es ist ein Wahnsinn, dass sie überhaupt noch auf diesem Level spielen können. Ich glaube nicht, dass sie in Paris weit kommen werden - beide haben Wimbledon als Ziel ausgegeben. Obwohl das im Fall von Federer schwierig wird. Er hat zuletzt so wenig gespielt, doch bei einem Grand Slam muss man sieben Matches in 14 Tagen absolvieren - das wird nicht leicht für ihn. 

Nochmals zurück zu dem von Ihnen erwähnten Cube. Wie kann man sich das genau vorstellen?
Das ist eine geniale und futuristische Technik, bei der die Sportler in unser Studio in London teleportiert werden und quasi neben mir stehen, wenn ich mit ihnen ein Interview führe. Die Show wird auch immer in 50 Ländern übertragen. Aber ich freue mich natürlich darauf, wieder bei den Turnieren vorort sein zu können. Ich denke, das wird ab nächstem Jahr wieder möglich sein. Heuer sind wir zwar in Wimbledon, doch dürfen wir dort keinen direkten Kontakt zu den Sportlern haben. Es ist höchste Zeit, dass sich das Leben wieder normalisiert.