Können Sie schildern, wie die Anreise nach Australien vonstattengegangen ist?
OLIVER MARACH: Ich bin von Miami nach Los Angeles geflogen. Von dort startete eine der insgesamt 17 Maschinen, welche die Spieler aus aller Welt nach Australien brachten. Allerdings gab es da schon Probleme, weil manche Spieler nicht auf den Passagierlisten standen. Daher sind wir dann auch erst vier Stunden später geflogen.

Mussten Sie in Los Angeles einen Test vorweisen?
Ja, schon. Doch der durfte bis zu 72 Stunden alt sein. Und da beginnt schon das Dilemma. Ich hatte nur Glück, dass ich in der Maschine nach jener saß, in der eine Stewardess coronainfiziert war. Sonst dürfte ich jetzt, wie über 40 andere Spieler, zwei Wochen lang das Hotelzimmer nicht verlassen. Das Gute war nur, dass die Flieger bewusst nur zu 20 Prozent belegt wurden. Wären da 200 oder noch mehr Spieler und Betreuer drinnengesessen, wäre das eine absolute Katastrophe.

Wie ging es dann weiter?
Nachdem wir in Melbourne gelandet sind, musste ich gleich zwei PCR-Tests machen. Aber die Ergebnisse habe ich auch zwei Tage danach noch nicht erhalten. Ich gehe davon aus, dass alles passt, aber eigentlich sollten sie einen da schon informieren. Irgendwie ist hier alles komplett chaotisch. Die Australier bemühen sich zwar, aber es funktioniert nicht viel.

Wo sind Sie untergebracht?
Im Hotel View, einem der drei Spielerhotels. Das Praktische hier ist, dass die Trainingsplätze gleich nebenan sind. Mein Doppelpartner Robin Haase und ich werden von einem Security-Mitarbeiter von unseren Zimmern abgeholt und dann zu den Plätzen geleitet. Und nach zwei Stunden geht das Ganze wieder retour. Drei Tage durfte ich das Hotelzimmer nicht verlassen, jetzt freue ich mich schon riesig, dass ich endlich einmal raus kann. Vor allem, weil sich im Zimmer die Fenster nicht öffnen lassen. Nachdem ich im Zimmer auch Trainings gemacht habe, kann man sich vorstellen, wie es da jetzt riecht.

Andere Spieler haben auf Instagram Videos gepostet, wo sie ihre Bettmatratzen als Tenniswand verwenden. Wie schlagen Sie sich die Zeit tot?
Zuerst habe ich wegen des Jetlags viel geschlafen, außerdem habe ich jeden Tag ein paar Online-Konferenzen. Da geht es um künftige Tennisprojekte in Miami und Panama. Und dazwischen schaue ich Videos oder esse etwas. Aber das ist so eine Sache: In der ersten Nacht hat es bei mir um 3.30 Uhr in der Früh an der Tür geklopft – da hat mir ein Hotelangestellter das Mittagessen gebracht. Ich weiß nicht, was manchen durch den Kopf geht. Man kann aber auch über Uber bestellen. Nur: Ich bin im 7. Stock und bis der Zusteller alle Kontrollen durchlaufen und die in den unteren Stockwerken bedient hat, ist das Essen kalt.

Fragt man sich da nicht, was es überhaupt für einen Sinn macht, derzeit Turniere am anderen Ende der Welt auf Biegen und Brechen durchzuziehen? Immerhin kosten die Corona-Maßnahmen den Veranstalter über 25 Millionen Euro.
Das Schlimme ist, dass wir Spieler schon Hass-Mails von Australiern bekommen haben. Es ist nämlich so, dass sie zwar uns ins Land reinlassen, aber Australier, die im Ausland waren oder leben, nicht. Das haben wir nicht gewusst und da kann man den Ärger schon irgendwie verstehen. Was die Kosten betrifft, zeigt das nur, wie viel Geld die Grand Slams haben. Und es wird immer mehr.

Die Australian Open sind aber das erste Turnier seit Beginn der Pandemie, das das volle Preisgeld auszahlen wird.
Schon, aber es sind dennoch nur zehn Prozent des Gesamtumsatzes, die an die Spieler gehen. Das vergangene Jahr war es aufgrund von Corona kaum möglich, Geld zu verdienen. Die Turniere haben ihr Preisgeld auf bis zu 50 Prozent reduziert. Das trifft einen als Doppelspieler, wo es sowieso weit weniger Geld gibt, doppelt hart.

Das klingt derzeit alles nicht wirklich nach Spaß.
Ja, von Spaß ist das Ganze derzeit leider weit weg. Und es wird uns wohl mindestens noch bis in den Spätsommer begleiten. Es ist derzeit nichts mehr wie früher. Man muss auf so vieles verzichten und fragt sich, ob es nicht besser wäre, bei der Familie zu bleiben. Andererseits ist uns natürlich bewusst, dass wir in der jetzigen Situation privilegiert sind, weil wir im Gegensatz zu vielen anderen reisen und unserem Job nachgehen dürfen. Also heißt es, das Beste daraus zu machen.