Nachdem Österreichs Davis-Cup-Team im Premstätten mit einem 3:1-Erfolg über Uruguay erstmals ein Ticket für das Finalturnier in Madrid (23. bis 29. November) löste, herrschte beim heimischen Tennisverband beste Stimmung. Im Rahmen des Länderkampfs tagten auch die neun Landespräsidenten, um nach dem angekündigten Rückzug von Noch-ÖTV-Präsidentin Christina Toth die Weichen für die Zukunft zu stellen.

Zuletzt hatte es ja gewaltig gebrodelt: Steiermarks Präsidentin Barbara Muhr gründete das "Austrian Tennis Committee" (ATC), das sich dem ÖTV anbot. Mit diesem sollte Wolfgang Thiem als künftiger  Sportdirektor fungieren, doch unter den Landespräsidenten fand dieser Vorschlag keinen Gefallen. Und Thiem zieht daraus seine Konsequenzen.

Der Vater von Österreichs Tennishelden Dominic Thiem hatte bereits angekündigt, sollte das "ATC" nicht akzeptiert werden, dem ÖTV den Rücken kehren zu wollen. Dieses Vorhaben wird der Lichtenwörther nun umsetzen, die Südstadt mit seinem Sohn sowie den Davis-Cup-Schützlingen Dennis Novak, Jurij Rodionov und Sebastian Ofner verlassen und seine neuen Zelte bei "Better Tennis" in Wien und Traiskirchen aufschlagen. "Wenn der ÖTV nicht mehr mit mir arbeiten will, will ich auch nicht mehr mit ihm", wird Wolfgang Thiem in der "Kronen Zeitung" zitiert.

Davis Cup als attraktive Einnahmequelle

Dass, wie das Blatt weiters berichtet, seine Spieler künftig auch nicht mehr für das österreichische Davis-Cup-Team zur Verfügung stehen werden, ist hingegen kaum vorstellbar. "Wenn Herr Thiem das Bundesleistungszentrum in der Südstadt verlassen will, ist das schade, doch können wir ihn nicht daran hindern. Dass seine Spieler nicht mehr beim Davis Cup antreten werden, kann ich mir hingegen nicht vorstellen. Schon alleine deshalb, weil der Davis Cup für die meisten von ihnen eine attraktive Einnahmequelle ist", sagt Christian Zulehner, Vorsitzender des ÖTV-Länderkuratoriums.

Das denkt auch ÖTV-Generalsekretär Thomas Schweda. "Wir hatten noch am Dienstag in Graz eine Sitzung mit der Mannschaft, in der wir auch über Madrid gesprochen haben. Und alle haben ihr Interesse bekundet, dabei zu sein. Und wer die Stimmung in der Mannschaft erlebt hat, kann sich auch nicht vorstellen, dass einer nicht kommt", sagte er. Zur Causa Thiem meinte er: "Wir wollen weiter gerne mit ihm zusammenarbeiten, die Hände sind ausgestreckt. Aber über die Zusammensetzung des Präsidiums bestimmen die Landesverbände und die Generalversammlung. Und deren Votum ist zu akzeptieren."

Zulehner, der zugleich als Präsident des Salzburger Tennisverbandes fungiert, betont weiters: "Bei unserer Sitzung in Premstätten waren wir uns so einig wie noch nie. So haben alle Landespräsidenten beschlossen, dass sie nach Änderung der Statuten in das Präsidium einziehen werden. Dazu sollen noch drei externe Personen hinzugezogen werden. Bei unserer Generalversammlung am 22. März in Ehrenhausen wird das beschlossen." Ganz so einig war man sich aber wohl nicht, fehlte Muhr doch bei dieser Sitzung und wurde von ihrem Vizepräsidenten Rudolf Steiner vertreten.

Lopatka weiter eine Präsidenten-Option

Und wer soll nun künftig das Präsidentenamt des österreichischen Tennisverbandes bekleiden? "Es ist noch nicht ganz ausgeschlossen, dass Frau Toth weitermacht. Zudem hätten wir mit Vizepräsidentin Elke Romauch eine Option", sagt Zulehner. Ebenso immer wieder aufgetaucht ist in diesem Zusammenhang der Name Reinhold Lopatka.

"Herr Lopatka hat ein großes Netzwerk, das dem österreichischen Tennis zugutekommen könnte", betont Zulehner. Das Gerücht, Lopatka hätte gemeint, er kenne sich zwar im Tennis nicht aus, würde den Präsidenten aber schon machen, ist auch Zulehner bekannt. "Natürlich sollte sich der Präsident im Tennis auskennen. Aber wenn er künftig im Präsidium von den Landespräsidenten unterstützt wird, kann das schon funktionieren."

Es ist also bei weitem nicht alles eitel Wonne im österreichischen Tennisverband. Welche Folgen der Abgang von Wolfgang Thiem haben wird, sind derzeit noch nicht abschätzbar. Wie bereits mehrmals betont bleibt nur zu hoffen, dass in diesem internen Machtkampf nicht der heimische Tennissport als großer Verlierer hervorgeht. Oder, wie es Thomas Schweda sagte: "Es ist an sich schade, dass man nach so einem Feiertag für den österreichischen Tennissport über so etwas diskutieren muss. . ."