Guten Morgen aus London! In der O2-Arena schaut heute alles auf die um 15 Uhr (MEZ) startende Partie zwischen Rafael Nadal und Daniil Medwedew. Die Nummern eins und vier der Welt haben in der Gruppe "Andre Agassi" jeweils ihre Auftaktpartien verloren. Der Verlierer des heutigen Duells muss sich wohl bereits mit dem Gedanken anfreunden, London früher zu verlassen, als ihm lieb ist.

Beide Niederlagen kamen ein wenig überraschend. Medwedew zog im sechsten Duell mit Stefanos Tsitsipas erstmals den Kürzeren. Und obwohl Nadal im Vorfeld des ATP-Finales mit einer Bauchmuskelzerrung zu kämpfen hatte, war auch mit der Niederlage des Spaniers gegen den deutschen Titelverteidiger Alexander Zverev nicht zwingend zu rechnen.

Doch was sagt ein Superstar wie Nadal, der übrigens noch nie beim Saisonfinale triumphieren konnte, nach so einer Niederlage bei einer Pressekonferenz und wie steht es um seine Erwartungen für das restliche Turnier? Hier gibt es übersetzte Auszüge der internationalen Pressekonferenz des Weltranglistenersten nach dem Match gegen Zverev:

Es war offensichtlich ein hartes erstes Match für Sie gegen Zverev. Berücksichtigt man die Bauchmuskelverletzung, die Sie überstehen mussten, sind Sie zuversichtlich, hier noch mehr Matches bestreiten zu können?
RAFAEL NADAL: Ja, ja. Ich hatte mit den Bauchmuskeln keinerlei Probleme. Ich fühlte keinerlei Schmerzen. Es war nur so, dass Sascha sehr gut gespielt hat und ich sehr schlecht. Wir können jetzt dafür nach Gründen und Entschuldigungen suchen, doch am Ende des Tages ist es einfach nur so, dass ich im Match gegen Medwedew viel besser spielen muss. Ich wusste, dass es schwierig werden würde, weil die Zeit seit meiner Genesung nur kurz war. Aber ich bin zuversichtlich und versuche, wettbewerbsfähig zu sein - das war ich gegen Sascha nicht. Und das hat mich am meisten enttäuscht. Ich hätte meinen größten Kampfgeist benötigt, doch der war nicht vorhanden. 

Am Ende des ersten Satzes hatten Sie eine kleine Auseinandersetzung mit dem Referee und haben Ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht. Was war da passiert?
NADAL: Es ist alles okay, solche Unterhaltungen kann es während eines Matches schon geben. Es war nur so, dass ich überzeugt war, dass er einen Fehler gemacht hat. Aber wo liegt schon die Wahrheit? Im zweiten Satz hat er seinen Job auf alle Fälle viel besser gemacht.

Sie haben schon gegen viele große Aufschläger gewonnen. Wie würden Sie den Aufschlag von Zverev auf einem so schnellen Belag wie hier in London beurteilen?
NADAL: Ja, er hat großartig serviert.  Sehr, sehr schnell. Sowohl der erste, als auch der zweite Aufschlag ist schwer zu lesen. Es gibt keinen Zweifeln daran, wie gut Sascha ist und wie stark er aufschlägt. Allerdings ist es auch leichter, wenn du mit einem Break voranliegst. Dann hast du einfach mehr Selbstvertrauen. Und das war heute bei ihm der Fall. Ohne Break schlägst du anders auf, weil du weißt, wenn du einen Fehler machst, kannst du den Satz verlieren. Und das ist der Grund, warum ich vorher sagte, dass ich mit meinem Kampfgeist unzufrieden bin. Weil ich es nicht schaffte, das Spiel so ausgeglichen zu halten, um ihn damit unter Druck zu setzen. Wenn du allerdings auf diesem Belag Fehler machst, ist das unmöglich.

Rafael Nadal konnte nicht zufrieden sein
Rafael Nadal konnte nicht zufrieden sein © AP

Wie haben Sie sich körperlich gefühlt?
NADAL: Gut, keinerlei Beschwerden. Und das ist das einzig Positive. Ich hoffe, die Bauchmuskeln machen keine Probleme mehr. Dann kann ich in den nächsten Tagen auch wieder mehr trainieren. In den vergangenen Tagen ging alles nur Schritt für Schritt, ich war bei allen Bewegungen vorsichtig. Aber jetzt ist alles gut und mein körperlicher Zustand ist keine Ausrede für die Niederlage. Ich war heute einfach nicht gut genug.

Seit den US Open konnten Sie nicht viele Matches bestreiten. Welcher Nachteil entsteht durch den Mangel an Trainings- und Matchpraxis, wenn Sie dann zu so einem Turnier wie hier nach London kommen und nur gegen die Besten der Besten spielen?
NADAL: Ja, ich hatte nach New York Probleme und konnte nicht mein volles Programm durchziehen. Aber es ist kein Problem einer mangelnden Matchpraxis. Denn ich war schon oft verletzt in meiner Karriere. Und jedes Mal, wenn ich zurückgekommen bin, habe ich gleich wieder sehr gut gespielt. Wie zum Beispiel heuer in Paris. Da habe ich großartig gespielt. Aber es stimmt schon, nach New York hatte ich ein paar Probleme - auch mit meiner Hand. Ich musste ein paar Wochen pausieren. Dann kam die Bauchmuskelzerrung. So gesehen konnte ich nicht so regelmäßig trainieren, wie ich das wollte. Dennoch habe ich es zuletzt geschafft, viel besser zu spielen, als ich das nun gegen Sascha gemacht habe. Es war ein schlechter Tag und der Gegner hat sehr gut gespielt.

Nächste Woche startet in Madrid das Davis-Cup-Finale. Aufgrund des neuen Formates wird es mehr Matches geben. Glauben Sie, Sie können in den nächsten zwei Wochen möglicherweise sieben Einzel und dazu möglicherweise noch ein paar Doppel spielen?
NADAL: Ich weiß es nicht. Da kann ich Ihnen keine genaue Antwort geben. Ich hoffe, ja. Das ist das Einzige, was ich sagen kann. Funktioniert es nicht, muss ich es auch akzeptieren.

Sie haben sich bereits so oft für das ATP-Finale qualifiziert, aber es macht den Eindruck, als wäre das Turnier für Sie zum falschen Zeitpunkt der Saison. Glauben Sie, gibt es einen Grund, warum Sie am Ende der Saison so oft unter Verletzungen leiden, oder ist das einfach nur Pech?
NADAL: Nein, das ist kein Pech. Es ist einfach auch ein Teil meiner Karriere. Allerdings nicht heuer. Das trifft eher auf die Vergangenheit zu. Ich habe immer lange und harte Saisonen gespielt, habe sehr viel Matches gespielt. Da war es immer schwer, dass mein Körper dem Ganzen auch noch am Ende des Jahres standhalten konnte. Aber heuer habe ich nur elf Turniere gespielt - also nicht zu viele. Ich versuchte, alles richtigzumachen, um auch noch am Ende der Saison so fit wie möglich zu sein. Und so war es in diesem Fall Pech, dass ich mir die Bauchmuskelzerrung zugezogen habe. Weil es auch etwas anderes ist als meine Knieprobleme. Es war einfach eine falsche Bewegung. Aber ich bin nicht diese Art von Spieler, die deswegen jammert und mir selbst das Leben schwer macht, indem ich mich frage, warum das ausgerechnet mir passiert. So ist das Leben. Sachen passieren. Das muss man akzeptieren. Die meiste Zeit über sind die Dinge, die mir passieren, eh äußerst positiv. Aber manchmal sind sie es eben nicht. Man muss beides akzeptieren und die Ruhe bewahren. Das habe ich meine gesamte Karriere so gemacht.

Bei der letzten Frage auf Englisch kam es dann zu einem kleinen Eklat, der damit endete, dass Nadal das Interview mit der Aussage "Das ist Bullshit" beendete. Wie es dazu kam, sehen Sie im Video unten: