In den Katakomben der Wiener Stadthalle gibt es einen Treffpunkt, wo sich das "Who is who" der heimischen Tennisszene ein stetiges Stelldichein gibt: Nämlich bei der Kaffeemaschine im Pressezentrum. Da plaudert Thomas Muster mit Davis-Cup-Kapitän Stefan Koubek über die Premiere des bevorstehenden ATP-Cups (ab 3. Jänner in Australien), da fachsimpelt Kitzbühel-Turnierdirektor Alexander Antonitsch über seine zweite große Leidenschaft, das Eishockey und da schaute auch Österreichs erster Doppel-Grand-Slam-Sieger Julian Knowle vorbei.

Der Vorarlberger steht seit Beginn des Sommers dem 26-jährigen Dennis Novak (ATP-Nr. 124) als Touringcoach zur Seite und nahm sich vor dem heutigen Match seines Schützlings gegen den an Nummer vier gesetzten Franzosen Gael Monfils (nicht vor 15 Uhr, ORF Sport+ live) die Zeit für ein kurzes Interview:

Wie lautet das Fazit ihrer bisherigen Zusammenarbeit?
JULIAN KNOWLE: Von seinen Leistungen nach unten hin hat sich Dennis extrem stabilisiert. Jene Totalausfälle, bei denen er sang- und klanglos gegen alles andere als starke Gegner untergegangen ist, gibt es nicht mehr. Trotzdem hat er nach oben hin noch Spielraum. Er spielt gut mit und klopft Woche für Woche bei den Spielern in den Top 100 an. Dass er die Matches noch nicht gewinnt, ist aber kein Zufall. Da fehlt einfach noch ein bisschen, dass er den nächsten Sprung macht. Dafür muss er es gewohnt werden, öfter Matches auf höchstem Niveau zu spielen und konstanter werden. Außerdem muss er eine tägliche Intensität im Training abrufen – und das über einen längeren Zeitraum.

War diese Stabilisierung nach unten der erste nötige Schritt, um sich nach oben orientieren zu können?
KNOWLE: Es war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Früher hat er gegen schlechte Gegner verloren und wochenweise nicht gut gespielt. Jetzt steht er auf Challengerebene immer unter den Favoriten. Ausgenommen die Turniere am Ende des Jahres, weil die immer sehr stark besetzt sind und mitunter 250er-Niveau haben. Im Sommer sind die Challenger nicht so stark besetzt, weil viele da mehr die Turniere auf ATP-Ebene spielen.

Julian Knowle (rechts) mit Wolfgang Thiem
Julian Knowle (rechts) mit Wolfgang Thiem © (c) GEPA pictures/ Matthias Hauer

Stimmt es, dass sich Dennis mit seiner mangelnden Einstellung selbst am meisten im Weg stehen würde?
KNOWLE: Seine professionelle Einstellung ist im letzten halben Jahr schon viel besser geworden, aber da geht noch mehr. Vor allem, wenn man es zum Beispiel mit Dominic Thiem vergleicht. Die Intensität bei einem Training, die Vorbereitung für ein Training, wie schaut das Trainingsprogramm aus, wie schaue ich auf die Regeneration nach einem Match, wie schaut die körperliche Arbeit zwischen den Matches bei einem Turnier aus – also alles Dinge, die nicht im Match selbst passieren, aber auf lange Sicht einen extremen Effekt auf die Leistung haben. Das versuche ich ihm klarzumachen – was es braucht, um dort hinzukommen, wo er gerne hin möchte. Und es wird ihm schon langsam bewusst – nur hat er es in dieser Deutlichkeit bislang noch nie gehört. Und ich bin überzeugt, dass es der einzige Weg ist. Er ist nicht das Ausnahmetalent, wo 70 Prozent reichen würden.

Heute bekommt Dennis gegen Monfils in der Stadthalle seine große Bühne. Dort fühlt er sich bekanntlich wohl.
KNWOLE: Er wird sicher nervös sein, aber er hat sehr oft bewiesen, dass ihm die große Bühne taugt. Wo er sich hingegen schwertut, ist bei einem Challenger auf Außenplatz 27 vor zwei Zuschauern zu spielen. Das war für ihn bisher immer die größere Herausforderung.

Dennis Novak
Dennis Novak © GEPA pictures

Wie kann er Monfils schlagen?
KNOWLE: Er darf sich nicht auf Monfils' Spiel einlassen. Er muss es  konsequent und trocken herunterspielen und Monfils die Freude nehmen. Denn, wenn es Monfils Spaß machen beginnt und er das Publikum mitnehmen kann, wird es für Dennis sehr schwer.

Wie sieht die gemeinsame Zielsetzung aus?
KNOWLE: Rankingziel für heuer waren die ersten 100. Da sind wir noch ein Stück weg – es sind nur noch vier Turniere zu spielen und er hat einiges zu verteidigen. Hier in Wien wäre ein guter Anfang, um Punkte zu holen. Aber er braucht noch 180 Punkte für die Top 100 – das wird nicht einfach. Es wäre halt wichtig, um bei den Australian Open im Hauptbewerb zu stehen. Da geht es um richtig viel Geld – daher werden da noch viele versuchen, die nötigen Punkte zu holen.

Und die gemeinsame Zukunft?
KNOWLE: Wir werden uns nach dem Turnier zusammensetzen. Fixiert ist noch nichts. Meine Bereitschaft für eine weitere Zusammenarbeit ist grundsätzlich aber auf jeden Fall da.

Was tat sich sonst noch am Dienstag in der Stadthalle? Die Event-Agentur "emotion" von Wien-Turnierdirektor Herwig Straka und seinem Geschäftspartner Edwin Weindorfer stellte im Rahmen einer Pressekonferenz ihre Pläne für die Zukunft vor. Die beiden Grazer treten im Herren-Tennis als Veranstalter des ATP-500-Events in Wien (Erste Bank Open) sowie der Rasenturniere in Stuttgart (MercedesCup) und Mallorca (Mallorca Championships) auf.

Mit dem jüngsten Coup sorgt das Duo dafür, dass das prestigeträchtige WTA-Turnier der Damen auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß Berlin nach zwölfjähriger Pause ein Comeback feiert. Vom 13. bis 21. Juni 2020 werden ebenfalls auf Rasen die "Grass Court Championships Berlin", bei denen die frühere deutsche Topspielerin Barbara Rittner als Turnierdirektorin fungieren wird, ausgetragen.

Von links: Edwin Weindorfer, Barbara Rittner, Dominic Thiem und Herwig Straka
Von links: Edwin Weindorfer, Barbara Rittner, Dominic Thiem und Herwig Straka © GEPA pictures