Jakob Schubert hat nur für Olympia einen eigenen Newsletter ins Leben gerufen – vor 18 Monaten, nachdem er vom Lokalaugenschein aus Tokio zurückgekehrt war. In jenes Land, in dem er sich vor zwei Jahren bei der WM in Hachioji auch für die Premiere seines Sports im Zeichen der fünf Ringe qualifiziert hatte, als Zweiter in der neu geschaffenen „Kombination“, die nur für Olympia geschaffen worden war: Denn in Tokio werden alle Varianten des Sportkletterns – Bouldern, Speed und Lead (Vorstieg) – geklettert, Gold geht an den besten Allrounder.

Für Schubert, zweifacher Weltmeister im Lead (Vorstieg) nicht ideal, aber der Innsbrucker nahm die Herausforderung an, steckte als großer Favorit auch die Verschiebung weg. „Ich hatte ein Jahr mehr Zeit, um der beste Kletterer zu werden, der ich sein kann“, sagt er. Die Zeit sei schnell vergangen, fast verflogen, denn: „Bei drei Disziplinen hat man immer etwas zu tun und ich habe ständig das Gefühl, mich noch verbessern zu können. Ich habe mich weiterentwickelt und freue mich darauf, das in Tokio zeigen zu können.“

Für den Traum der Medaille muss zunächst die Qualifikation (Dienstag ab 10.00 Uhr MESZ) überstanden werden. „Das ist das erste Ziel, Schritt für Schritt“, sagt der 30-Jährige. Das Finale der Top acht würde dann am Donnerstag warten, am Mittwoch bestreiten die Damen mit Jessica Pilz ihre Qualifikation. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, mit der Verhältnissen habe er sich angefreundet – im Kampf gegen die Hitze gibt es eigene Kühlwesten, auch die Chalk-Sorte (das Magnesium, mit dem man die Handflächen einreibt, Anm.) ist auf die hohe Luftfeuchtigkeit abgestimmt. Nur Glücksbringer waren nicht im Gepäck: „Ich habe mir vor Jahren jeglichen Aberglauben abgewöhnt“, sagt Schubert vor dem Wettkampf, der auch sein Karriere-Höhepunkt ist. „Aber den Druck, den mache ich mir ohnehin selbst. Es geht darum, herauszuholen, was ich mir antrainiert habe.“ Schubert ist sich seiner Stellung im Klettersport bewusst – aber die ist keine Garantie, dass es klappt.

Für Jessica Pilz sind die Voraussetzungen noch ein wenig schwieriger. Die in Innsbruck lebende Oberösterreicherin kämpfte zuletzt mit einer Fingerverletzung, konnte sechs Wochen kaum richtig trainieren. Trotzdem fühlt sie sich bereit für die Spiele, bereit für den Versuch, die Qualifikation zu überstehen. Sie rechnet damit, dass man vor allem die Boulder-Routen ein wenig leichter schrauben wird. Denn: „Es sind auch Speed-Kletterinnen dabei. Und es wäre nicht gut für den Sport, wenn alle auf der Matte stehen und keine die Lösung weiß.“ Denn auch das ist Klettern – die Suche nach Lösungen, der Versuch, das von den Parcour-Schraubern gestellte Problem zu lösen. Das Problem: Leichte Runden machen es auch schwieriger für die fittesten, sich vom Rest des Feldes abzusetzen.

Fitness, darauf zählen sowohl Pilz als auch Schubert. Daher hoffen beide, dass die Olympia-Routen wirklich schwierig werden; auch aus Eigeninteresse.