Es war mehr als nur ein Anstieg, den Christoph Strasser zum Ende der Rocky Mountains geschafft hat. Es war ein Akt des Willens. Mit  nahezu stoischer Ruhe und gleichmäßigem Tritt biss er in einem - für diesen Zeitpunkt - sehr hohen Tempo den Cucheras-Pass hinauf. Oben wurde er von seiner Mannschaft und extra angereisten Fans gefeiert. Nach dem Jubel richtete er ein paar Worte an seine elf Begleiter rund um Teamchef Michael "Kougi" Kogler und warf sich in die lange Abfahrt.

Genau ab diesem Pass nahm im Jahr 2015 das Ende für den Kraubather bei seinem sechsten Race Across America seinen Lauf. Es war zwei Jahre später am 16. Juni 2017 eine persönliche Abrechnung mit dem Felskoloss, der ihn damals in die Knie gezwungen hat. In der Folge hatte er mit  mit Lungenproblemen die Segel streichen müssen, durfte aber seinem Freund Severin Zotter an der Ostküste zum Sieg gratulieren. Aber nun, 2017,  war Strasser der Sieger im Duell "Weitradlfahrer" gegen Bergmassiv.

Vor dem Cucheras hatte er mit dem Wolf Creek Pass und dem La Veta bereits zwei Dreitausender an diesem Renntag überwunden und dabei auch Temperaturen rund um den Gefrierpunkt getrotzt. Es war ein Tag, an dem er die volle Härte dieses Rennens zu spüren bekam. Steile Berge mit brutalen Rampen, welliges Terrain mit Wind aus allen Richtungen und dazu Temperaturen zwischen 0 und über 40 Grad Celsius. Gerade einmal zwei kurze Pausen und eine Schlafeinheit von weniger als einer Stunde hat sich der Rekordhalter (7 Tage 15 Stunden 56 Minuten) bis zur vierten Nacht gegönnt - dennoch ist er geistig und körperlich voll da.

"Auch wenn es noch ein weiter Weg bis ins Ziel ist, nun wird es für die Konkurrenten schwierig, aufzuholen", sagt er. Denn ab den Ebenen von Colorado ist der Strasser-Express im Rollen: Die flachen Bundesstaaten in der Mitte der USA sind wie für den Steirer geschaffen. Hier kann er seine Kraft entfalten und seine Rollerqualitäten auf dem Zeitfahrrad perfekt ausspielen.

Das wissen auch die härtesten Konkurrenten, die Strasser schon lange nicht mehr gesehen hat. Mit mehreren Stunden Rückstand duellieren sich mit Patric Grüner und Marco Baloh ein Tiroler und ein Slowene um den zweiten Platz. Dennoch mahnt Strasser immer wieder zur Vorsicht, immerhin warten in Summe 4940 Kilometer auf die Teilnehmer und nun gilt es, in den weiten Ebenen das Rad gut laufen zu lassen und dann in den Appalachen noch einmal die Zähne zusammenzubeißen. Doch darin ist der dreifache RAAM-Sieger mehr als nur geübt. In der Disziplin der gnadenlosen Schinderei auf dem Velo ist er der Meister, sogar Weltmeister.