Der bahnbrechende Marathonlauf unter zwei Stunden von Eliud Kipchoge in Wien hat in Kenia für große Begeisterung gesorgt. Der Lauf wurde von mehreren TV-Sendern live übertragen, auf öffentlichen Plätzen verfolgten Tausende Menschen das Rennen. Nicht nur in der Hauptstadt Nairobi brach der Verkehr teilweise zusammen, als Fans auf einer Großleinwand den Zieleinlauf frenetisch bejubelten.

"Sie haben Geschichte geschrieben und Kenia stolz gemacht. Ihr Sieg heute wird Dutzende künftiger Generationen dazu inspirieren, groß zu träumen und nach Größe zu streben", schrieb Kenias Präsident Uhuru Kenyatta, der Kipchoge nach seinem Lauf in die Sportgeschichtsbücher anrief, auf Twitter.

"Wir sollten uns die gesamte Straße vom Flughafen nach Nairobi in einer Reihe aufstellen. Empfangen wir ihn wie den Helden, der er ist", schrieb Kenias Politiker und Aktivist Boniface Mwangi auf Twitter.

Der in Nairobi geborene viermalige Tour-de-France Sieger Chris Froome, der vor Ort das Rennen verfolgte, schrieb bei dem Kurznachrichtendienst von einer "epischen" Leistung. "So inspirierend", schrieb der Brite.

Lauf zum Marathon-Olymp

Vollster Fokus, das Ziel klar im Visier: Eliud Kipchoge startete ruhig und konzentriert in die INEOS-Challenge in Wien. Die menschliche Marathon-Schallmauer, die 42,195 Kilometer unter zwei Stunden zu laufen, hat der 34-jährige Kenianer kurz vor 10.15 Uhr im Wiener Prater auch gebrochen. Nach dem gescheiterten Versuch 2017 auf der Formel 1-Strecke in Monza, wo 26 Sekunden fehlten, wurde nun in der Bundeshauptstadt Sportgeschichte geschrieben, „ich konnte meine persönliche Mondlandung meistern“, so das Lauf-Idol, das zwölf seiner bisher 13 Marathons gewonnen hat.

Kipchoge lief ein unfassbares Rennen gegen die Zeit, war auf vier kompletten Durchläufen der Prater Hauptallee stets auf Kurs, nach einer absolvierten Stunde sogar elf Sekunden schneller als nötig. In dieser Tonart ging es weiter. Ein zweites Mal ließ sich Kipchoge sein großes Ziel nicht nehmen und ging unter dem Jubel der frenetischen Laufsport-Fans nach 1:59:40,2 Stunden im Prater über die Ziellinie. "Ich habe Sportgeschichte geschrieben, ich bin wohl gerade der glücklichste Mensch der Welt. Ich habe gezeigt, dass kein Mensch limitiert ist", strahlte der Mann, der spätestens jetzt zur lebenden Sportlegende aufgestiegen ist.

Dafür wurden im Wiener Prater ein laborartiger Idealkurs in die Hauptallee gelegt. Unterstützt wurde er von 41 Pacemakern, die nach einer Runde über die 4,6 Kilometer immer wieder aus- und neu einstiegen. Wohlgemerkt: Dieses Team, das Kipchoge auf der Strecke bei diesem wissenschaftlichen Projekt unterstützte, bestand aus Weltmeistern, Olympiasiegern, schlicht den besten (Mittelstrecken-)Läufern der Welt.

Sie halfen dem Mann, der in der Form seines Lebens an den Start ging, wie er selbst betonte, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 21 km/h zu halten. Dazu gesellten sich tausende Zuschauer, die schon weit vor 8 Uhr morgens an der Reichsbrücke und in der Prater Hauptallee ausharrten, um den Weltrekordhalter anzufeuern.

Das Rundherum bot natürlich auch die besten Bedingungen. Radfahrer versorgten Kipchoge mit Verpflegung, während des Laufs wurde stellenweise die Strecke auf der wissenschaftlich errechneten Ideallinie immer wieder gekehrt, um einen optimalen Untergrund zu gewährleisten.

Mit normalen, den Regeln des Leichtathletikweltverband entsprechenden Bedingungen hatte das alles nichts zu tun. Deshalb gilt die neue Bestmarke auch nicht als offizieller Weltrekord (den hält im übrigen auch Kipchoge mit 2:01,39 Stunden, aufgestellt in Berlin 2018). Aber um diese Bestmarke ging es dem Marathon-Olympiasieger von 2016 auch nicht. Er ist nach Wien gekommen, „um den Menschen zu zeigen, dass es keine Grenzen gibt, dass Grenzen nur im Kopf existieren“. Kipchoge ist nach Wien gekommen, „um Geschichte zu schreiben“. Mit Erfolg!