Eigentlich wollte Rolf Majcen nur Mandarin erlernen, gefunden hat der in Graz aufgewachsene Niederösterreicher auf der Suche nach Gesprächspartnern die Liebe seines Lebens. „Im Jahr 2013 habe ich über Internetplattformen in China nach Sprachpartnern gesucht und so haben wir begonnen zu schreiben“, erzählt der 53-Jährige, „ein halbes Jahr später bin ich zu Treppenlaufbewerben nach China gereist und wir haben uns getroffen.“ Der Österreicher war da zwar schon eine große Nummer im internationalen Treppenlauf, aber (noch) nicht der chinesischen Sprache mächtig. „Zu Beginn habe ich die Texte mit Google Translate übersetzt“, sagt er, „mittlerweile können wir uns gut unterhalten. Jin lernt gerade Deutsch.“ Das ist nicht nur für die liebesinterne Kommunikation notwendig, sondern auch für eine Aufenthaltsgenehmigung. Denn mittlerweile ist die Chinesin nach Österreich gezogen, und dieser Weg wurde aufgrund der nötigen Genehmigungen und Visa auch fast zu einem Marathon.

Mit der Liebe zu ihrem Freund ist auch jene zum Laufsport erwacht. „Ich habe sie bei meinem zweiten Besuch gefragt, ob sie mich zu einem Stiegenlauf begleiten will. Sie war begeistert.“

Das Feuer der Leidenschaft war somit doppelt – fürs Laufen und für die Liebe – entfacht und im Jahr 2017 lief Lan in Wien ihren ersten Marathon. Doch während es der „Mann im Haus“ stets sportlich sieht, ist Lan nicht ganz so verbissen. „Sie will sich in ihrem Rahmen zwar verbessern, bei ihr steht aber das Glücksgefühl, es zu schaffen, eindeutig im Vordergrund.“ Gemeinsam ziehen die beiden von einem Wettkampf zum nächsten und leben dabei spartanisch. „Wir schlafen im Auto und kochen auf dem Gaskocher“, erzählt sie, „wir brauchen nicht mehr. Wir wollen nur glücklich sein.“

Laufen zu können ist für die Frau aus der abgeschiedenen Region Guizhou im Südwesten Chinas nicht selbstverständlich. „Ich bin mit 13 Jahren von zu Hause weg und habe dann in verschiedenen Städten gearbeitet.“ Sieben Tage die Woche hat sie geschuftet und das meiste Geld zu ihrer Familie nach Hause geschickt. Die Lebensumstände und auch die Ernährung waren katastrophal und als Folge erkrankte sie im Alter von 27 Jahren schwer. „Ich konnte mich von der Hüfte abwärts nicht mehr bewegen und bin drei Jahre im Bett gelegen“, erzählt sie, „da war es mein großer Traum, einfach wieder stehen zu können.“ Nun läuft sie sogar, und nicht nur Marathons: An 30 Wettkämpfen von Madeira bis Dänemark hat sie heuer schon teilgenommen. „Auf Graz freue ich mich schon besonders“, sagt Lan und ergänzt: „Ich will diese Stadt spüren.“