Wie bei vielen sportlichen Großveranstaltungen fällt auch beim 43. Ryder Cup der erste Abschlag aufgrund der Corona-Pandemie ein Jahr verspätet. Ab Freitag matchen sich in Übersee auf dem Kurs von Whistling Straits bei Kohler die Teams der USA und Europa in dem seit 1927 alle zwei Jahre wiederkehrenden Prestige-Duell. Zwar haben die Amerikaner mit 26:14-Siegen die Nase klar vorne, doch täuscht diese Bilanz. Denn erst seit 1979 stellt sich Europa als geschlossener Kontinent dem Kräftemessen, davor waren nur Golfer aus Großbritannien und Irland spielberechtigt.

Auf dem Spiel steht kein Preisgeld, dafür ein 43 Zentimeter kleiner Pokal und vor allem eines: Die Ehre, für sein Land und seinen Kontinent spielen zu dürfen. Welchen Wert das hat, beweisen die Emotionen, die den traditionellen Teambewerb, der eine weltumfassende Faszination ausübt und immer abwechselnd von den USA und Europa ausgetragen wird, begleiten. Zusätzliche Spannung impft dem Ryder Cup aber auch das spezielle Format, in dem die jeweils zwölf Protagonisten beider Teams an drei Spieltagen in insgesamt 28 Partien die Golfschläger kreuzen, ein.

So wird nicht wie üblich das Zählwettspiel (da entscheidet die Summe aller Schläge), sondern das Lochwettspiel (Matchplay) angewendet. Das heißt, an jedem der 18 Löcher wird ein Punkt vergeben, wobei bei jedem Loch die geringere Zahl der Schläge entscheidet. Ein Duell kann demnach schon vor der 18. Bahn entschieden sein.

Liegt ein Spieler (oder ein Team) zum Beispiel nach der 16. Spielbahn mit drei mehr gewonnenen Löchern vorne, ist das Match „3 und 2“ (3 Punkte vorne, aber nur noch 2 Löcher zu spielen) vorzeitig beendet. Wird über den Sieg erst am 18. Loch entschieden, lautet die Wertung „1 auf“.

An den ersten beiden Tagen werden je vier Partien im Foursome- und Fourball-Modus gespielt, am Schlusstag folgen zwölf Einzel. Im Fourball spielen beide Golfer im Zweierteam ihren eigenen Ball, das bessere Ergebnis pro Loch zählt. Im Foursome schlagen die Spieler im Zweierteam abwechselnd den gleichen Ball. Kommt es zu einem Unentschieden, wird der Punkt geteilt. Dem Titelverteidiger reicht bei den 28 Punkten, die an drei Tagen (16 bei den Vierern, 12 bei den Einzeln) vergeben werden, schon ein Remis zum Sieg. Der Herausforderer muss also mindestens ein 14,5:13,5 erreichen. Endet das Duell unentschieden, bleibt der Pokal beim Titelverteidiger.

Das Wunder von Medinah

Dieser ist Europa, das 2018 in Frankreich einen überlegenen 17,5:10,5-Sieg feierte. Den letzten Triumph in den USA fixierten die Europäer 2012 im Medinah Country Club mit einem hauchdünnen 14,5:13,5. Dieses Duell, das als „Wunder von Medinah“ in die Golf-Geschichte einging, gilt als einer der legendärsten Ryder Cups.

Damals lag das Team von Kapitän Jose Maria Olazabal nach den ersten beiden Tagen quasi aussichtslos mit 6:10 zurück, konnte am Finaltag gegen Tiger Woods, Phil Mickelson und Kollegen aber gleich acht der zwölf Einzelpartien für sich entscheiden und sorgte angetrieben von einem sehenswert emotionalen Ian Poulter noch für die nicht mehr möglich gehaltene Sensation. Einen 6:10-Rückstand noch wettzumachen, war zuvor erst einmal den Amerikanern 1999 in Brookline gelungen.

Geht es nach der Weltrangliste, sind die Amerikaner heuer ganz klar zu favorisieren. Allerdings steckten sie in der Vergangenheit schon oft in dieser Rolle, scheiterten am Ende aber immer wieder an der Ermangelung des im Ryder Cup so wichtigen Teamgeists, den die Europäer seit Jahrzehnten in Perfektion leben.